Über dem Tellerrand: Olympia-Bewerbung jenseits von Hamburg

boston-bostonJens Weinreich schreibt bei den Krautreportern: „Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes hat sich für Hamburg als deutschen Olympiabewerber 2024 ff. entschieden. Wie geht es nun weiter, und wie steht es um die Chancen dieser Bewerbung?“ Weinreich betrachtet in dem Artikel auch die Dinge, die über den Hamburger Tellerrand hinaus gehen: Wie ist es mit Fußball-EM und Olympia im gleichen Jahr? Wie sieht es mit Boston als Bewerberstadt und anderen Städten als Konkurrenten zur Hamburger Bewerbung aus?

Auch Hamburger Medien hatten ja über starken Widerstand aus der Bevölkerung gegen die Bewerbung von Boston berichtet und dass es auch dort zu einem Bürgerentscheid kommen soll (Mopo). Und der Spiegel berichtet sogar: Sommerspiele 2024: Boston erwägt, bei Olympia-Bürgerbefragung zu tricksen.

Es ist sinnvoll, den kenntnisreichen Artikel von Weinreich in jedem Fall in ganzer Länge zu lesen. Dennoch hier einige ausgewählte Schlaglichter:

 

Zum DOSB und zur Bewerbung für 2024 und 2028:

„Mit dem Argument der „nationalen Aufgabe“ lässt sich prächtig wuchern – weit über die IOC-Session im Juli 2017 in Lima hinaus, auf der die Olympiastadt 2024 gekürt wird. Denn sollte Hamburgs Offerte für 2024 vom IOC nicht erwählt werden, wovon eher auszugehen ist, wird eine erneute Bewerbung für die Sommerspiele 2028 versprochen. Diese Spiele werden dann im Jahr 2021 vergeben. Das heißt, der DOSB kann in Verhandlungen mit Zuwendungsgebern bis mindestens 2021 quasi auf Sonderbehandlung pochen. Darum geht es. Kontrollgremien, wie etwa der mit zahlreichen Sportlobbyisten besetzte Sportausschuss im Bundestag, kamen schon in der Vergangenheit ihrer verfassungsgemäßen Aufgabe kaum nach. Unter dem Deckmäntelchen „Olympiabewerbung im nationalen Auftrag“ lässt sich noch besser kungeln.“

UND: „Der DOSB bleibt gemäß des olympischen Grundgesetzes, der IOC-Charta, Herr des Verfahrens und wird mit 51 Prozent auch die Mehrheit in der nun zu gründenden Bewerbungs-GmbH halten. Am finanziellen Risiko der Mammut-Aufgabe Olympiabewerbung aber beteiligt sich der DOSB nicht. Das ist so üblich. Eventuell wird Bernhard Schwank, das DOSB-Vorstandsmitglied Internationales, wie schon bei der gescheiterten Münchener Bewerbung für die Winterspiele 2018 auch in Hamburg eine der Führungsrollen in der Olympia GmbH übernehmen.“

Das umstrittene Doppel: Olympia und Fußball-EM

„Die Sommerspiele inklusive der Paralympischen Spiele sind nicht das einzige Mega-Projekt, das Deutschland 2024 ausrichten soll. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will im selben Sommer die Europameisterschaft der Männer austragen und hat dafür bereits viele Weichen gestellt. Zwei Events von dieser Größenordnung hat noch kein Land in einem Jahr gemeistert – oder besser: Noch nie wurde ein Land mit Sommerspielen und einer Euro innerhalb weniger Wochen beauftragt. Als zuletzt für das Jahr 2020 die Türkei sowohl die Sommerspiele als auch die Euro anvisierte, haben sowohl das IOC als auch die Europäische Fußball-Union (UEFA) verlangt, die Türken sollten sich für ein Ereignis entscheiden.“

DOSB-Chef Hörmann, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und IOC-Boss Thomas Bach haben zuletzt mehrfach beteuert, das Doppel von Fußball-EM und Sommerspielen sei 2024 machbar und sei ernsthaft beabsichtigt. Wer, wenn nicht Deutschland könne sich so ein historisches Doppel leisten?“

Boston und andere Bewerber – Nichts ist sicher

„Gern wird argumentiert, der gigantische TV-Vertrag über 7,75 Milliarden Dollar, den das IOC im vergangenen Jahr mit dem Network NBC bis 2032 abgeschlossen hat, forciere eine Entscheidung für Boston. Wenn es aber nur nach derlei gigantischen Verträgen gegangen wäre, hätte das IOC die Sommerspiele 2012 nach New York und nicht nach London und die Sommerspiele 2016 nach Chicago und nicht nach Rio vergeben müssen. So einfach ist es nicht. Vielmehr waren die USA in der sogenannten olympischen Familie seit Beginn des „Krieges gegen den Terror“ isoliert. Hinzu kamen interne Verteilungskämpfe, denn die olympischen Weltverbände und die 204 Nationalen Olympischen Komitees (NOK) neideten dem US-Olympiakomitee USOC den riesigen Anteil an den NBC-Verträgen und am Vertragsvolumen amerikanischer IOC-Sponsoren. Seit etwa fünf Jahren unternimmt die neue USOC-Führung viel, um sich mit dem IOC und den anderen olympischen Stakeholdern zu versöhnen. Erst im Verlaufe dieses Jahres wird man sehen, wohin das Pendel ausschlägt. Ende Oktober beispielsweise tagt die Vollversammlung aller NOK in Washington.“