Wann gehen Vesper und Hoermann? Gold gegen den Deutschen Olympischen Sport Bund

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DOSB-Chef Hoermann beim NEIN der HamburgerInnen zur Olympia-Bewerbung von Hamburg.

Zwei Brüder irgendwie anders. Beide haben Gold-Medallien. Der eine pfeift auf die Nationalhymne (taz 15.8.2016), der andere kritisiert den vermeintlichen Reform-IOC-Deutschen Thomas Bach schon mal deutlich. „Diskus-Star Robert Harting hat mit Blick auf seine Attacken gegen IOC-Präsident Thomas Bach auch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) kritisiert und sich über mangelnde Rückendeckung beklagt.“ Schon vor den Spielen in Rio hatte er Bach und seinen Umgang mit dem russischen Staatsdoping kritisiert. Dafür musste er beim Ex-Grünen NRW-Minister und heutigem DOSB-Geschäftsführer Michael Vesper antreten.  Jetzt hat Robert Harting seine Kritik auf den DOSB erweitert: „Harting: DOSB-Verhalten „einfach nur peinlich““ heißt es hier. Und auch Sport1 berichtet über die klaren Worte des Diskus-Werfers, der aufgrund einer Verletzung bei den Spielen aufgeben musste – während sein Bruder Christoph die Goldmedaille holte und mit seinem Auftritt gegenüber Medien und bei der Medallien-Vergabe für Aufregung sorgte (Welt).

Robert Harting hatte vor den Spielen den Umgang von IOC-Chef Thomas Bach mit den staatlich gedeckten Doping-Maßnahmen russischer SportlerInnen deutlich kritisiert. „Harting: „Bach ist Teil des Doping-Systems“, berichtete z.B. die Süddeutsche.

Ein Vorgang, der aus Sicht des DOSB und seines Geschäftsführers Michael Vesper natürlich gar nicht geht. Er bestellte Harting zum Gespräch, wurde gerüffelt  und Harting reagierte vor wenigen Tagen damit, dass er auch den DOSB in seine Kritik einbezog.

  • Thomas Bach und die Spiele in Sotchi

Der Deutschlandfunk greift das auf: „Michael Vesper äußerte sich auch zur Kritik des deutschen Diskuswerfers Robert Harting, der in der Zeitung „Bild am Sonntag“ zitiert wird mit den Worten: „Das, was die DOSB-Teamleitung im Vorfeld geäußert hat, ist nur peinlich.“ Harting spielte damit auf die Reaktion des DOSB auf seine Kritik an IOC-Chef Thomas Bach an, nach der der Verband erklärt hatte, man wolle ein Gespräch mit ihm führen. Vesper wiederum entgegnete daraufhin: „Das finde ich peinlich.“ Über mangelnde Rückendeckung könne Robert Harting „sich wirklich nicht beklagen“.

Wie nie zuvor bleibt ein mehr als fader Beigeschmack bei den Spielen von Rio. Schon die Winterspiele von Sotchi waren im Kern ein Skandal. Gut, dass es inzwischen Sportler gibt, die das nicht mehr verschweigen. So berichtete der DLF vor dem Auftakt der Spiele: „“Man muss ganz klar sagen, dass es dieses Jahr so ein bisschen schwer fällt, Sport irgendwie toll zu finden“, sagt wenige Tage vor seiner Abreise der wohl derzeit bekannteste deutsche Olympia-Athlet: Diskuswerfer Robert Harting. Olympia steht am Abgrund. Die Grundidee des sportlich fairen Wettbewerbs, von Funktionären ad absurdum geführt, zugunsten der Profitmaximierung. Es geht um groß angelegten, systematischen Betrug im Sport. Um nicht weniger als die Rest-Glaubwürdigkeit des Spitzensports.“

Der DLF spricht auch von dem unglaublichen Vorgang, dass das IOC ausgerechnet diejenige Sportlerin von den Spielen ausschloß, die die skandalösen Doping-Praktiken half, aufzudecken: Die Leichtathletin Julia Stepanova. (Siehe unter dem genannten Link.)

In einem weiteren Artikel auf der Homepage meines Lieblingssenders ist mehr zu lesen:

„1. Robert Harting. Nachdem das IOC entschieden hatte, die russische Mannschaft nicht komplett auszuschließen, kritisierte er den deutschen IOC-Boss Thomas Bach in unverblümter Manier: „Er ist für mich Teil des Doping-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems. Ich schäme mich für ihn“, sagte der Diskuswerfer aus Berlin über den deutschen Spitzenfunktionär. Bach war so erbost, dass man befürchten musste, dass er kurz vor der Abschaffung des entsprechenden Paragrafen Harting wegen Majestätsbeleidigung anzeigt.

2. Die Schützin Barbara Engleder. Nach ihrem vierten Platz am ersten Wettkampftag kritisierte sie im Deutschen Haus, dass die Spiele in Brasilien ausgerichtet wurden – und damit indirekt das IOC. Sie sagte: „Der Bevölkerung hier wird nichts geschenkt. Und dann macht man so große tolle Aktionen wie Olympische Spiele in einem Land, in dem es den Leuten so schlecht geht und wo die Menschen unter der Brücke schlafen. Damit habe ich ein riesengroßes Problem.“ Die eigene Wahrnehmung so zu äußern, scheint gar nicht so schwierig, wenn man Engleder so hört, aber noch lange nicht jeder Athlet tut das auch.

3. Sir Philip Craven. Der Chef des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) verkündete gestern die Entscheidung, dass die russischen Athleten nicht an den Paralympics im September teilnehmen dürfen – wegen des staatlichen systematischen Dopings, das durch die WADA-Berichte nachgewiesen wurde. Seiner Meinung nach habe die russische Regierung ihre Sportler katastrophal im Stich gelassen. „Ihre Mentalität, die Medaillen über die Moral stellt, ekelt mich an.“ Wenn der Brite Sir Philip „disgusts me“ sagt, ist das immer noch eine sehr höfliche Art des Mittelfingers.“

Nicht verwunderlich ist, dass auch das folgende aus der Sport-Redaktion des DLF zur weiteren Bewertung des olympischen Sports und des DOSB unter der Leitung eines Michael Vespers und seines Präsidenten Hörmann nachzulesen ist: „Deutscher Leichtathletik-VerbandDoping-Täter in den eigenen Reihen?“ fragt der Sender und berichtet: „Die Führung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes übte zuletzt heftige Kritik an den Zuständen im weltweiten Antidopingkampf, besonders in Russland und Kenia. Schaut man sich indes beim DLV die Strukturen an, dann tummelt sich bis heute sogar ein einstiger Minderjährigen-Doper neben weiteren belasteten Altkadern in der Bundestrainer-Riege des deutschen Verbands.“ (Hier der ganze Bericht.)

Ach ja, und dann war da ja noch der Auftritt von Christoph Harting: In einem Kommentar von Michael Glang ist zum Auftritt von Christoph Harting nach dem Gewinn der Goldmetadielle zu lesen: „Dieser Auftritt von Christoph Harting bei Olympia 2016 wird in Erinnerung bleiben. Nach seinem sensationellen Sieg im Diskuswerfen legte der 25-Jährige bei der Siegerehrung eine seltsame Show hin. Er schunkelte während der Hymne, pfiff mit und verschränkte die Arme. Viele halten das für peinlich und deplatziert. An sich ist es aber nur erfrischend anders.“

Und auch Gregor Gysi mischt sich – laut DLF – ein: „Verständnis kommt auch von Politikern wie Gregor Gysi. Der ehemalige Fraktionschef der Linken im Bundestag findet es gut, „dass solche jungen Repräsentanten unseres Landes im 21. Jahrhundert nicht mehr an Stechschritt und Pickelhaube erinnern“. Anstatt Harting zu kritisieren, solle man sich über seine sportliche Meisterleistung freuen.“

Meine Fragen bleiben: Wann nehmen Hörmann und Vesper endlich ihren Hut und wann endlich kommt es zum Neustart beim IOC?

5 Gedanken zu „Wann gehen Vesper und Hoermann? Gold gegen den Deutschen Olympischen Sport Bund

  1. Der Autor geht leider einigen gravierenden Fehleinschätzungen auf den Leim, wie sie in der Sportunterhaltung – teilweise getarnt als
    „Qualitätsmedien“ – zuhauf grassieren: So ist auch der DLF kein Aufklärungsmedium, sondern die Speerspitze des Medienmainstreams, der
    sich auf Rußland- sowie auf die besonders skandalträchtigen Anti-Doping-Bashings eingeschossen hat. Was die Bildzeitung plump
    macht, macht der DLF vermeintlich intelligent. Beide
    Brot-und-Spiele-Medien bejubeln den „sauberen“ Law-and-Order-Sport. Die Leichtathletin Julia Stepanova ist nicht das Opfer, sondern das
    Produkt des repressiven Anti-Doping-Kampfes, was seine Apologeten nur zu gerne ausblenden. Robert Harting ist auch keine ernstzunehmende Adresse für ‚aufrichtige‘ oder ‚ehrliche‘ Kritik, sondern ein Vertreter der im Spitzensport hochgradig entwickelten Maulkorb- und Marketingsprech-Kultur, der genau das absondert, für das ihn die
    Sportunterhaltung aufs Podest hebt. Der Sportsoldat im Range eines Stabsunteroffiziers, der sich für Werbe- und Arbeitsplatzkampagnen der
    Bundeswehr zur Verfügung stellt, pflegt einen geradezu selbstdestruktiven Körperumgang (siehe seine ellenlange Verletzungs- und Schmerzmittelliste) und repräsentiert das genaue Gegenteil von dem, was man seinen eigenen Kindern wünscht. Dass im Behinderten-Hochleistungssport die Überanpassung an die Werte der
    Normalos Hochstände feiert, müsste eigentlich jedem aufgeklärten Zeitgenossen bekannt sein. So ist es nur folgerichtig und absolut herrschaftskonform, dass IPC-Präsident Sir Philip Craven die „Moral“ im Leistungsdarwinismus zur höchsten Instanz erhebt. Mal ganz abgesehen davon, dass auch die IPC-Funktionäre in Medaillen rechnen. Wenn schon Ekel, dann vor den Kritik-Heucheleien der ehrbaren Funktionäre, Sportgladiatoren und Medienvertreter!

  2. Au weia, da habe ich also in jeder Weise versagt, bin den herrschenden Medien auf den Leim gegangen und zitiere die falschen Leute. Mist. Aber das musste ja so kommen, denn irgendwie weiß auch ich: Es gibt nichts richtiges im Falschen. Aber was mach ich nun?

    Gruß
    Dirk Seifert

  3. Die NOlympia-Bewegung hatte viele wertvolle Kritikansätze am elitären Spitzensport aufgenommen und teilweise fortgeführt. Sie sollte allerdings aufpassen, dass sie nicht noch weiter ins Fahrwasser vorgefertigter Antworten oder Wahrheiten abdriftet, wie sie die herrschenden Sportmedien, die bei der kommerziellen wie politisch nützlichen Verwertung athletischer Leistungen fast identische Interessen mit den von ihnen kritisierten Sportfunktionären haben, im wahrsten Sinne des Wortes verkaufen.

    Kurzum, man hat es von Beginn an mit einer kaum zu bewältigenden Sisyphusarbeit zu tun, sich von den sozialrepressiven Vereinnahmungsangeboten zu emanzipieren und den alten Wunsch nach einer dem Menschen aufs freigiebigste zugewandten Körper-, Bewegungs- oder Spielekultur auf die Füße eigener Frageentwicklung zu stellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dabei auch die Kritikfähigkeit gegenüber allem übrigen geschärft wird.

  4. Ehrlich, solche Beiträge helfen mir echt nicht weiter. Aber ist bestimmt gut, dass das mal gesagt wurde. Nur so am Rande: Ich bin nicht die NO-Lympia-Bewegung, sondern nur einer, der sich hier und da einmischt oder einen Kommentar hinterlegt. Und was bitte soll das sein? … „und den alten Wunsch nach einer dem Menschen aufs freigiebigste zugewandten Körper-, Bewegungs- oder Spielekultur auf die Füße eigener Frageentwicklung zu stellen“? Ich habe damit glaube ich nichts zu tun, mit solchen alten Wünschen, von denen ich mich frage, wer die nun wieder hatte…
    Gruß

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