Was für eine Show: DFB-Chef Niersbach eiert rum, die FAZ sieht ihn in Widersprüchen verstrickt und Theo Zwanziger sagt unverblümt: Niersbach lügt. Es ist der ganz große Sumpf aus Seilschaften im Spitzensport und dem ganz großen Geld. Und nicht nur der NDR stellt den Zusammenhang dieses Skandals zur laufenden Olympia-Bewerbung von Hamburg her: „VW, FIFA, DFB: Hamburgs Olympia-Pläne gefährdet?“ Laut NDR ist für den Marketing-Professtor Joachim Kellner klar: „Die Frage ist nicht, wie es sich auswirkt, sondern wie stark. Und ich glaube, das ist ziemlich katastrophal“. Die Frage aber auch: Wer wusste Bescheid? (Abendblatt) Im Aufsichtsrat des Organisations-Komitee der WM 2006 saß auch Thomas Bach, heute IOC-Chef.
- UPDATE 25/10: Die Süddeutsche berichtet aktuell u.a. von einer Aufsichtsratsitzung des WM-Organisations-Kommitees, auf der Beckenbauer „den eigenen Aufsichtsrat täuschte„. Es geht um den Zeitraum 2005. Dort wird festgestellt, dass Thomas Bach bei dieser Sitzung „entschuldigt“ fehlte.
Die schwarzen Kassen beim DFB – so far
Der Spiegel hat die Pressekonferenz von Niersbach sogar im Wortlaut veröffentlicht. Inzwischen dürfte klar sein: Die Fußball WM 2006 ist gekauft worden, mit Geldern, die der damalige adidas-Chef Dreyfuss zunächst vorgestreckt hatte. Und nicht nur Niersbach, sondern auch andere Spitzenfunktionäre sind frühzeitig oder im Laufe der Bewerbung davon in Kenntnis gewesen. Aus dem Kreis des Organisations-Komitee (OK) wird nun auch bestätigt, dass Franz Beckenbauer maßgeblich beteiligt war und auch ein Günther Netzer informiert war. (Siehe hier ebenfalls bei Spiegel-Online)
Inzwischen hat der damalige DFB-Chef Zwanziger laut FR die Existenz einer Schwarzen Kasse bestätigt.“«Es ist eindeutig, dass es eine schwarze Kasse in der deutschen WM-Bewerbung gab», sagte Zwanziger dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Über seinen Intimfeind Niersbach sagte der später auch als Finanzchef des Organisationskomitees (OK) tätige Funktionär: Es sei «ebenso klar, dass der heutige DFB-Präsident davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon seit mindestens 2005. So wie ich das sehe, lügt Niersbach.»“
Immer offenkundiger wird, dass der Kreis derjenigen, die von diesen Machenschaften wussten, so klein nicht gewesen sein kann. Insofern stellt sich durchaus die Frage, inwieweit auch jenseits der Spitzenvertreter im OK andere Mitglieder zumindest Kenntnisse über die Bestechungen hatten.
Mitglied im Aufsichtsrat des OK der WM 2006: Thomas Bach
Nicht nur der NDR stellt, wie eingangs erwähnt, die Frage, wie sich der FIFA-DFB-Skandal nun auf die Olympia-Bewerbung auswirken wird. Auch das überaus Olympia-Aktive Abendblatt bangt: „Die Korruptionsvorwürfe gegen den DFB belasten das Vertrauen in große Organisationen. Was ist mit Olympia?“.
Doch es geht nicht nur um Stimmungen oder Mißtrauen, wenn jetzt über die Folgen aus dem FIFA-DFB-Skandal für die laufenden Olympia-Abstimmung in Hamburg Vermutungen angestellt werden. Es wäre ja so falsch nicht, wenn die HamburgerInnen angesichts des Skandals im Spitzenfußball sich auch an die Skandale und Korruptionsvorwürfe rund um das IOC und die Austragung Olympischer Spiele erinnern würden.
Doch es geht um mehr. Es geht um den heutigen IOC-Chef Thomas Bach, der seit dem Jahr 2000 Mitglied im Aufsichtsrat des OK der WM 2006 war. (Die Besetzung des OK wird hier in der Süddeutschen beschrieben). Auch das Hamburger Abendblatt stellt die Frage: Wer wußte Bescheid? und erwähnt Thomas Bach als Mitglied im OK.
Die Süddeutsche fragt: „Was, wenn die Vorwürfe gegen den DFB stimmen“ und schreibt mit Blick auf den DFB-Skandal und seinen Hintergründen unter anderem: „Es war ein Deutscher, der einst die Korruptionskultur im Weltsport installierte, die bis heute fortwirkt: Horst Dassler, Adidas-Chef bis zu seinem Tod 1987. Es sind damalige Vertraute dieses visionären Manipulators, die heute auf den Säulen des Weltsports thronen: der Deutsch-Schweizer Blatter, der nun nicht einmal mehr ein Stadion betreten darf. Und der Deutsche Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Bach saß einst auch im Aufsichtsrat des WM-Organisationskomitees.“
- FIFA, DFB und IOC – bei den Spitzenverbänden geht es um Milliarden-Geschäfte und in zahlreichen Recherchen ist über viele Jahre mit Blick auf FIFA und IOC von Korruption berichtet worden. Erst vor wenigen Tagen hatten wir hier über die Rolle des Sportausstatters adidas berichtet: Alles nur gekauft? FIFA, DFB, WM 2006 und ein Konzern – adidas
Bachs Karriere zwischen Sport, Wirtschaft und Politik
Nach dem Ende seiner Fechter-Karriere wurde Bach 1996 ins Exekutivkomitee des IOC gewählt. Im Jahr 2000 wurde er einer der stellvertretenden Vize-Chefs des IOC und nach einer Unterbrechung von zwei Jahren 2006 wieder in dieses Amt gewählt. Nach der Vereinigung von DSB und NOK wurde Bach im Mai 2006 zum ehrenamtlichen Präsidenten des neu gegründeten Deutschen Olympischen Sportbundes gewählt.
Bereits Mitte der 80er Jahre holte Horst Dassler Bach zum adidas-Konzern. Seit dem hat sich Bach neben seiner Funktionärskarriere im Sport zwischen Tätigkeiten bei großen Unternehmen (u.a. Siemens) und der Politik (u.a. Wirtschaftsministerium) bewegt (siehe Wikipedia und hier sein Lebenslauf als PDF beim DOSB).
Über den ehemaligen OPEC-Chef berichtete der WDR aus Anlass der Wahl von Thomas Bach zum neuen IOC-Präsidenten. „Sport Inside“ hatte umfangreich recherchiert und zahlreiche Hintergründe über Thomas Bach berichtet, die keineswegs mit fairem Sportsgeist oder sauberem Sport in Zusammenhang stehen (hier auf Youtube). Die Reportage zeigt, wie tief das IOC in mehr als zweifelhafte Machenschaften verwickelt ist.
- Thomas Bach wird heute vielfach als der IOC-Reformer betont. Doch auch seine Agenda 2020 hat viel mit der Kommerzialisierung und Medienvermarktung des Sport zu tun. Siehe dazu die Krautreporter mit einem Beitrag von Wie das IOC olympische Fernsehrechte verkauft.“ Siehe auch hier im Blog:“Das IOC und die Reformen“.
- Die FAZ widmete sich jüngst in einem Beitrag „Machtspiele bei IOC und Fifa – Wenn der Scheich die Strippen zieht“ dem Thema und berichtet über den mit Bach befreundeten Scheich Ahmad al Fahad al Sabah. „Der Scheich kann eine umfangreiche Ämterklaviatur bedienen. Bereits seit 23 Jahren ist er Mitglied des IOC. Außerdem ist er Präsident des Olympischen Rats von Asien, seit 2012 Präsident der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees und damit Chef der Olympischen Solidarität, die im Vier-Jahres-Rhythmus fast eine halbe Milliarde Dollar an die Mitgliedsnationen verteilt. Und seit kurzem hat er auch im Fußball Nägel mit Köpfen gemacht – im Mai wurde er in die Fifa-Exekutive aufgenommen und hat sich rasch zum Wortführer aufgeschwungen, ohne Drang zu Reformen.“ Zuletzt soll sich al Sabah auch für Platini als Nachfolger von Blatter bei der FIFA eingesetzt haben. (Siehe auch der Spiegel zum Thema)
Sicher, all das zeigt viel über die Hintergründe eines Thomas Bach und dem IOC, aber in keiner Weise, ob und wie viel der heutige IOC-Chef über die Schwarze Kasse und die Bestechungen im Zusammenhang mit der Bewerbung um die WM 2006 informiert war.
Ich krieg das Kotzen. Was hat so etwas noch mit „FAIR Spielen“ zu tun? Das ist genau so ein Journalismus, wie er der BILD-Zeitung immer – zu Recht – vorgeworfen wird. Ich bin weit davon entfernt, Thomas Bach zu verteidigen oder so. Aber das Ding geht viel zu weit und überschreitet „rote Linien“. So etwas muss kein Mensch ertragen, auch nicht, wenn er eine Person des öffentlichen Lebens ist. Die Absicht dahinter ist klar – und mehr als widerwärtig.
Sehr geehrter Herr Seifert,
Ich finde es infam, vöillig grundlos und ohne den geringsten Beweis/Hinweis die Integrität des IOC-Präsidenten in Frage zu stellen. Wenn „schmutzige Dinge“ passieren, werden gerade AR-Mitglieder nicht informiert, das ist nun mal so üblich. Das ist eine üble Nachrede in Vollendung und sollte bestraft werden. Ziehen Sie diesen Beitrag zurück, er verdirbt Ihnen Ihre Glaubwürdigkeit.
Dr. Urban Cleve
Member of German Olympians