Medien und Macht: Das Hamburger Abendblatt und Olympia – Lobbyismus oder Journalismus?

20150731_wer-hat-die-machtIm Januar hatte der Chefredakteur angekündigt, das Hamburger Abendblatt in den Dienst der Olympia-Bewerbung zu stellen – ausdrücklich mit einer Parteinahme. Seitdem berichtet die Zeitung an vorderster Front und ist eng verbunden mit bzw. in den Planungen vor allem wirtschaftlicher Interessenvertreter der Olympia-Bewerbung. So stellt ECE – europäischer Marktführer bei Planung und Betrieb von Shopping Centern und ihr Geschäftsführer und Olympia-Befürworter Alexander Otto-(Versand) in Einladungen zu seinen Veranstaltungen klar: „Das Hamburger Abendblatt und Hamburg 1 Fernsehen berichten umfassend von den „Runden Tischen“. Das ist keine Frage oder Hoffnung. Das ist offenbar klar abgesprochen. Das Abendblatt sammelt zu diesen „Runden Tischen“ von ECE Fragen von LeserInnen bzw. BürgerInnen und leitet diese weiter. Redakteure des Abendblatts übernehmen die Moderation dieser Veranstaltungen. Journalismus im Auftrag der Wirtschaft? Was bedeutet das für die Pressefreiheit? Hat das noch was mit Unabhängigkeit zu tun?

Wir hatten hier schon zu dem Thema berichtet:

Es ist nicht so, dass das Abendblatt keine kritischen Artikel über die Bewerbung oder das IOC bringen würde. Auch diesen Journalismus gibt es durchaus und insofern läßt sich nicht einfach sagen, dass Abendblatt würde kritische Meinungen unterdrücken oder ignorieren. (Beispiel) Dennoch sind die Beziehungen zwischen der Pro-Olympia-Wirtschaft und dem Abendblatt offenbar derart eng, dass man zumindest nach einer Gefährdung der redaktionellen Unabhängigkeit bei der Berichterstattung fragen muss.

Denn klar ist auch: Die Olympia-Bewerbung und Spiele für Hamburg sind auch mit einem höchst willkommenen Anzeigengeschäft verbunden, welches vor allem im Umbruch der „Internet-Medienlandschaft“ für Einnahmen sorgen dürfte.

Im Blog von NOlympia-Hamburg.de ist ein Text erschienen, der das WHO is WHO der Hamburger Olympia-Bewerbung detailliert darstellt. Dort heißt es zum Abendblatt als Akteur der Olympia-Bewerbung:

„Das Hamburger Abendblatt ist von Anfang an Feuer und Flamme für Olympia. In seiner Neujahrsrede 2015 gibt Chefredakteur Lars Haider die Marschrichtung vor: „Wir sind leider schnell und erfahren darin, gegen etwas zu sein. Lassen Sie uns ausnahmsweise für etwas sein: für Olympia in Hamburg!“ Weiter weiß Haider: „Olympia kann dieser Stadt einen neuen Geist geben – diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen! Zumal die Austragung der Spiele gar nicht so teuer ist: Für einmal Olympia bekäme man gerade einmal zwei Elbphilharmonien…“
Für eine pro-olympische Werbeaktion hat sich das Abendblatt mit anderen Medien für eine „crossmediale Kampagne“ zusammen getan.

Das NDR-Medienmagazin zapp schreibt dazu: „Wenn sich Medien wie das ‚Abendblatt‘ so eindeutig auf eine Seite schlagen, dann leidet vor allem eines: die Glaubwürdigkeit und das selbst dann, wenn die Arbeit im Einzelnen einwandfrei sein sollte„.

Auch der Deutschlandfunk hat sich schon mit der Olympia-Parteinahme des Abendblatts befasst: Unter der Überschrift: „Lobbyisten statt Journalisten“ hieß es Ende Januar nach dem bereits erwähnten Zitat von Haider, dass es offenbar eine Ansage für die Redaktion gab: „Das „Abendblatt“ liefert inzwischen, ganz konsequent, eine tägliche Olympia-Seite. Die ist für Haider nicht zuletzt ein Instrument, „um allen Leserinnen und Lesern zu sagen, was Hamburg von den Spielen hätte: Olympia würde den Wohnungsbau voranbringen, die Entwicklung neuer Stadtteile beschleunigen, die Bekanntheit Hamburgs in der ganzen Welt dramatisch erhöhen. Und: Die reine Bewerbung um die Spiele würde diese Stadt, die an so vielen Ecken auseinander zu bröseln droht, endlich hinter einer Idee versammeln.“

Derartige Ansagen, die auch umgesetzt wurden, machen klar, wohin sich das Abendblatt die Berichterstattung seiner Redakteure „wünscht“. Aber auch von „kritischen Stimmen“ in der Redaktion berichtet Haider dem DLF im Januar: „Immerhin: In Redaktionen lebt hierzulande die Pluralität. Haider erzählt, dass sich Redakteure bei ihm beschwert hätten: Eine klare Linie des gesamten Blattes für Olympia, das gehe nicht. „Kaum hatte ich das verkündet, gab es mehrere Kollegen, die mir schrieben: Das können wir so nicht machen, wir müssen ausgewogen sein. Und das findet sich dann auf dieser Seite.“

Wie die Zusammenarbeit zwischen dem Abendblatt (Verlag und Redaktion) mit ECE im einzelnen aussieht, darüber lässt sich nur spekulieren. Über ECE und das Olympia-Engagement ist im Who is Who auf nolympia-hamburg zu lesen: „Die ECE Projektmanagement G.m.b.H. & Co. KG ist europäischer Marktführer bei Planung und Betrieb von Shopping Centern – allein in Hamburg betreibt der Konzern drei Objekte. Geschäftsführer ist Alexander Otto, Sohn des Firmengründers Werner Otto – und prominenter Hamburger Olympia-Befürworter.

In den letzten Jahren engagiert sich die ECE auch verstärkt im wachsenden Markt der Stadtentwicklung. So ist sie in Hamburg an der Entwicklung der „Neuen Mitte Altona“ maßgeblich beteiligt.

Als Instrument zur Einflussnahme des Konzerns auf kommunale Entscheidungen gilt die „Stiftung Lebendige Stadt,“ die ECE hauptsächlich finanziert.
Die ECE hat erklärt, „sich nicht um Aufträge im direkten Kontext von Olympia zu bewerben“.  Da Olympia jedoch auch und vor allem ein gigantisches Stadtentwicklungsprojekt ist, dürfte der Konzern zu den Hauptnutznießer*innen des zu erwartenden Baubooms gehören, insbesondere im Bereich des Infrastrukturausbaus.
Konsequenterweise treibt ECE die Olympia-Bewerbung– direkt und indirekt – massiv voran.“

 

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