Hamburg füllt seine Olympia-Bewerbungskasse. 70 Millionen Euro sind jetzt laut einer NDR-Meldung im Topf. Zusätzlich legt die Hamburger Wirtschaft eine eigene „Kampagnen-Kasse“ an, um damit für die Zustimmung der HamburgerInnen für die Olympia-Bewerbung Stimmung zu machen. Mit am Start: Die öffentlichen Unternehmen der Hansestadt. Deren Werbeeinsatz aus öffentlichem Geld könnte aber gar rechtswidrig sein, berichtet die taz.
„30 Millionen Euro vom Bund, 15 Millionen von der Stadt und 25 Millionen von der deutschen Wirtschaft: Hamburg rechnet für die Bewerbung zu Olympischen Sommerspielen mit einem Gesamt-Etat von 70 Millionen Euro. Mit diesen Summen sei man hervorragend aufgestellt, sagte Sportsenator Michael Neumann bei der Konferenz der Spitzensportverbände im Rathaus. Allerdings sei es nicht das Ziel, die komplette Summe auch auszugeben“, so ist es beim NDR zu lesen. Interessant auch: „Für die Kampagne zum Olympia-Referendum, die nach den Sommerferien beginnen soll, hat die Hamburger Wirtschaft 1,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.“
Diese 1,6 Millionen Euro werden uns dann vermutlich ab dem Sommer um die Ohren und Augen fliegen, wenn mit total fairen Mitteln die Wirtschaft sämtliche Werbeflächen der Stadt mit „Feuer und Flamme“ zukleistern wird – Wahlkampf direkt aus den Konzernzentralen.
Unterstützt wird das durch die öffentlichen Unternehmen. Der Senat teilt laut NDR mit, dass er“ bislang 310.000 Euro für die Bewerbung gezahlt (hat) – finanziert aus einem Innovationsfond der Senatskanzlei.“
Doch nicht nur Haushaltsmittel sind im Einsatz. Auch die öffentlichen Unternehmen engagieren sich mit Werbung für „Feuer und Flamme“ und das wird sicherlich in den nächsten Monaten in Richtung Referendum zunehmen.
Darüber berichtete vor wenigen Tagen die Taz-Hamburg: „„Feuer und Flamme für Olympia“ sind in Hamburg die Feuerwehrwagen, die Hochbahn ist es ebenfalls und auch die E-Mails von Senatsbehörden transportieren im Anhang olympisches Feuer. Seit Senat und Bürgerschaft im Mai vergangenen Jahres beschlossen haben, dass sich die Stadt um die Ausrichtung der Spiele 2024 bewerben soll, macht sie Werbung für das Projekt. Das ist naheliegend – aber nach Meinung von Juristen möglicherweise verfassungswidrig.“
Die Taz-Redakteurin Friederike Gräff berichtet, dass Arne Pilniok, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg in dieser Frage auf ein Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2011 verweist. „Das hatte in einem Streit zwischen der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ und den Senat darauf verwiesen, dass die Bürgerschaft „Zurückhaltung dabei zu üben“ habe, „öffentliche Ressourcen einzusetzen und über reine Sachinformation hinaus besondere staatliche Autorität für ihre Ansichten einzunehmen“ habe. Die Situation zwischen Volksinitiative und Bürgerschaft sei mit der zwischen Olympia-Gegnern und Senat beziehungsweise Bürgerschaft vergleichbar, sagt Pilniok. In beiden Fällen „verfügt die staatliche Seite über mehr Ressourcen“. Zugleich räumt er jedoch ein, dass es keine gefestigte Rechtsprechung in dem Bereich gibt. Zwar fordert die Verfassung, dem Gebot der Sachlichkeit und der Chancengleichheit zu folgen – dazu gibt es aber keine klare Vorhersage.““
Natürlich sieht der Senat da überhaupt keine Probleme. Weiter berichtet die taz mit Blick auf die öffentlichen Unternehmen: „Bei der Hochbahn hat man keine Bauchschmerzen bei der Olympia-Werbung. Zwar schließt man in dem städtischen Unternehmen politische Werbung aus – „Feuer und Flamme für Olympia“ gehört für Unternehmenssprecher Christoph Kreienbaum aber nicht zu dieser Kategorie.“
Olympia inklusiver Umbau der gesamten City keine Politik? Da muss man erst mal drauf kommen. Bislang haben die Aufkleber in Bussen, Bahnen und Fähren 11.000 Euro gekostet und man braucht weder Prophet noch bösartig sein, um anzunehmen, dass diese Kosten mit Blick auf das Referendum im November noch mal deutlich erhöht werden. Kosten, die im offiziellen Etat gar nicht auftauchen, weil es keine Haushaltsmittel sind.
Nicht nur der Landesverband von „Mehr Demokratie“ hat mit diesen Dimensionen und Verhältnissen seine, Probleme, wie in der Taz nachzulesen ist. „Zwar sei es unfair, wenn eine der Streitparteien mehr Mittel habe – solange die Herkunft dieser Mittel jedoch klar sei, „müssen wir das im Augenblick ertragen“, wird Manfred Brandt dort zitiert.
Natürlich haben die Olympia-KritikerInnen nicht das Geld, um großflächig mit Werbeanzeigen oder auf Leuchtreklame ihre Meinung gegen die Bewerbung sichtbar zu machen. Schon das wirft die Frage nach „fairen Bedingungen“ grundsätzlich auf. Aber selbst wenn das anders wäre, macht der Senat klar, dass Olympia-Gegner nicht in Bahnen etc. werben dürften – denn das ist offenbar Politik. Die Linken – so erinnert die Taz – hatten im Januar 2015 per Anfrage vom Senat wissen wollen, ob auch den Olympia-Gegnern Werbung auf öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werde. „Nein“, lautete die Antwort. „Die Unternehmen unterstützen die Pläne der Freien und Hansestadt.“
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