Feuer und Flamme im DOSB – Deckel drauf, statt über Realität reden

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Dieses Bildchen geistert gerade durch Facebook und nimmt das Feuer und Flamme Motiv der Hamburg-Bewerbung auf. Achtung aufgepasst, liebe Urheber- oder Sonstwasrechtsfreunde: Wir dokumentieren!

Wer wissen will, wie wenig Olympische Spiele mit Sport zu tun haben, kommt jetzt langsam auf seine Kosten. Wirklichkeit ist eine verdammt komplizierte Sache. Noch schwieriger ist es, mit ihr umzugehen.  Die gestrigen Umfrage-Ergebnisse zur Olympia-Entscheidung des DOSB nächste Woche haben durch ein sehr berechtiges Statement des Vize-Prädidenten Schneeloch (der ist bestimmt nicht für Winterspiele zuständig) die Frage aufgeworfen, ob der DOSB an einer Bewerbung für 2024 festhalten soll. Das darf nachtürlich gar nicht sein, redliche Fragen zu stellen. Jetzt mischt sich sogar gleich Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein, der zur Geschlossenheit aufruft. Das tut man, wenn a. ernstzunehmede Konflikte auf dem Tisch liegen und b. wenn es sonst keine guten Argumente gibt, die man öffentlich sagen kann.

Wenn auch privat, auf Facebook hat sich der Senatspressesprecher Christoph Holstein sofort nach der Meldung zu Wort gemeldet und erstmal Internas ausgeplaudert. Tut man ja eigentlich nicht, nehmen wir aber gern auf: “Wer sich auskennt, weiß: Der Zitierte tendierte stets für eine Bewerbung in Richtung 2028. Deshalb ist seine Stellungnahme wenig überraschend. Und der gewählte Zeitpunkt so nachvollziehbar, dass sich keine Form von Erregung lohnt. Locker bleiben.”

Das, sehr geehrter Herr Holstein, mag ja so sein. Ändert aber nicht den Hauch daran, dass es von der Sache her sehr gute Gründe gibt, warum sich der DOSB-Vize diese Gedanken macht.

Nach dem München-Desaster wäre eine umfassende Debatte über einen Neustart erforderlich gewesen. Den aber hat es nicht gegeben. Viel zu dicht ist die Allianz zwischen Wirtschaftsinteressen und Sportfunktionären. So zog die Karavane einfach weiter und hat sich zum nächsten Abenteuer – Olympia-Bewerbung 2024 – treiben lassen. Die mageren Zustimmungswerte von gestern, ein Ergebniss nach massiver Werbepropaganda in den Städten, sind eine Warnung an den DOSB – und der Vize Schneeloch hat offenbar den Mut, dass auch zu erkennen. Selbst wenn er dabei möglicherweise höchst eigene Interessen hat, wie es Herbert Schalthoff auf HH1 erklärt oder Christoph Holstein sagt. Das ändert nichts daran, dass Schneeloch die realen Probleme benennt.

Und nur nebenbei: Wollen wir mal im Rahmen einer Kampagne genauer über das IOC als Partner einer Olympia-Bewerbung genauer sprechen? Das dürfte die Stimmung nicht heben, hat aber in den bisherigen Debatten kaum eine Rolle gespielt.

Richtig aus dem Ruder läuft es wohl bei der Handelskammer Hamburg. Deren OlympiabeauftragterReinhard Wolf wird bei Hamburg1 (samt Video) so zitiert: „Es wäre geradezu verwerflich wenn wir nicht für 2024 antreten“. Auch das eine Reaktion, die deutlich macht, wie viel Vernunft in den Äußerungen von Schneeloch steckt. Nur am Rande sei erwähnt: Die Handelskammer wäre auch gut beraten, seine Kampagnenfähigkeit zu überprüfen: Volksentscheid Unser Hamburg – Unser Netz? Hat die Handelskammer verloren! Musical-Seilbahn? Hat die Handelskammer verloren! Olympia Hamburg? …

Interessant ist auch das hier: „Das frühere IOC-Mitglied Walther Tröger ist verwundert über den Entscheidungsprozess im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zur Bestimmung des deutschen Olympia-Bewerbers für 2024 oder 2028.“ (dpa über t-online) Weiter heißt es dann: „In einem Interview der „Berliner Zeitung“ sagte Tröger, es habe ihn „überrascht, dass das Präsidium eine Empfehlung abgibt. Aber wie ich höre, war das der Wunsch der beiden Bewerber – warum auch immer.““

Es geht um folgendes: Offenbar haben Hamburg und Berlin das DOSB-Präsidium dazu gedrängt, die Entscheidung nicht wie bisher im Plenum, also der Vollversammlung des DOSB, zu treffen, sondern vorher im Präsidium eine Empfehlung an das Plenum auszusprechen. Klar ist, dass das Plenum dann gar nicht mehr anders entscheiden kann, will es nicht für den nächsten Riesen-Skandal sorgen, sollte es der Empfehlung nicht folgen. Das erhöht ohne Frage den Druck auf das Plenum und kann getrost als Verfahrenstrick angesehen werden, mit dem „weniger Demokratie“ statt „mehr Demokratie“ im DOSB Einzug hält. Kein guter Hinweis auf die öffentlich immer wieder daher geredete Bürgerbeteiligung.

Die Olympia-Maschine ist derzeit vor allem unterwegs, weil es große wirtschaftliche Interessen gibt, mit der MARKE OLYMPIA „arbeiten“ zu können. Viele Investoren und Unternehmen erwarten nicht nur für sich selbst, sondern auch grundsätzlich bereits davon Vorteile. Allein der Titel „Olympia-Bewerber Stadt“ ist für das MARKETING von großer Bedeutung. Ob am Ende dann auch die Spiele kommen, ist zwar nicht zweitrangig, aber eben auch nicht das allein seelig machende Motiv. Genau deshalb hat sich die Handelskammer Hamburg als Motor der Hamburger Bewerbung hingestellt und zum Jahreswechsel nach 2014 ultimativ den Senat aufgefordert, die Bewerbung zur Chefsache zu machen. Und genau deswegen heult jetzt eine Handelskammer auf und spricht von „verwerftlich“. Man soll im Glashaus nicht mit Steinen werfen, sage ich da mal ganz locker.

2 Gedanken zu „Feuer und Flamme im DOSB – Deckel drauf, statt über Realität reden

  1. Unverschämt, wie Senat, pol. Vertreter, HK und schwerpunktmässig Abendblatt, BILD & Pommes-NDR hier mit dem Bürger umgehen. Erst den Bürgerschaftswahlkampf im Frühjahr 2015 mit olympischen Heißluftthemen verstopfen und sich in deren olymischer Idee sonnen lassen…
    und nun, da 2024 mit sehr sehr großer Wahrscheinlichkeit geknickt wird – was nicht nur Insidern klar war&ist, das gleiche Ol-Spiel für 2028 noch einmal von vorne, wenn’s politisch passt. – No no no, alles allzu offensichtlich.
    Hier ein Paradebeispiel aus dem HaHa Abendblatt, siehe Foto (freigeschaltet )… -> http://tinyurl.com/kfy7tom
    So, heisse Luft abgelassen, ab in den Tag…

    MB

  2. Pingback: NOlympia-Presseschau für März 2015 » Nolympia

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