Im Folgenden dokumentieren wir einen Gegenentwurf zu den „klassischen“ Olympischen Spielen des IOC. Zugeschickt wurde uns dieser Beitrag von Michael Berndt, Ex-Leistungssportler und promovierter Physiker. In seiner Mail schreibt er: „Solange in Deutschland mehr als 900 Tafeln Bürger mit Lebensmitteln versorgen müssen (und natürlich gibt es noch beliebig viele andere Gründe), halte ich das Ver(sch)wenden von Milliarden € an Steuergeldern für eine industrielle Großveranstaltung wie die ,Olympischen Spiele‘ für einen gesellschaftlichen Skandal. Daher habe ich im untenstehenden Beitrag eine ,Gegenidee‘ beschrieben.“
Wir finden diese Idee inspirierend, sie reiht sich eine Vielzahl von smarten Gegenkonzepten, wie das des Olympia-Rudersiegers Wolfgang Maennig, der u.a. in der faz fordert, dass die Olympischen Spiele ohne öffentliche Gelder auskommen und auf ehrenamtlichem Engagement basieren sollten. Vorbild sei hier Boston, das mit einem vergleichbaren Konzept für die USA an den Start geht. (N)Olympia Hamburg freut sich über weitere Alternativen, denn – und das ist die gute Nachricht – es gibt etwas Besseres als Olympia!
„Weltspiele des Sports“ – ohne Olympisches Komitee
Die Olympische Idee
Am 25. November 1892 schlug der französische Baron Pierre de Coubertin bei einem Vortrag in der Pariser Sorbonne ein internationales Sportfest vor. Ein Fest, das dem Frieden und der Völkerverständigung dienen und den Namen der berühmtesten Wettkampfveranstaltung des Altertums tragen sollte: Olympische Spiele. [1] Als „Treffen der Jugend der Welt“ sollten sie dem sportlichen Vergleich und der Völkerverständigung dienen. [2] Und ebenso formuliert das Internationale Olympische Komitee (IOC) aktuell diese Aufgabe: „Ziel des Olympismus ist es, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist… Das Ziel der Olympischen Bewegung ist es, zur Schaffung einer friedlichen und besseren Welt beizutragen, indem die Jugend durch Sport, der im Einklang mit dem Olympismus und dessen Werten ausgeübt wird, erzogen wird.“ [3]
Sogar „Olympische Waffenruhe“
Es gibt in der olympischen Charta die Idee einer Olympischen Waffenruhe und eines Olympischen Friedens: „In Einklang mit den grundlegenden Prinzipien der Olympischen Charta wird das OK (Olympische Komitee) im Vorfeld und während der Spiele verschiedene Aktivitäten zur Förderung von Frieden und gegenseitigem Verständnis zwischen den Menschen durch Sport und insbesondere zur Förderung der Olympischen Waffenruhe ausführen. [4] Die Generalversammlung und die Generalsekretäre der Vereinten Nationen bemühen sich dann auch regelmäßig alle 4 Jahre diese Idee nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch die Olympischen Spiele wurden und werden regelmäßig für machtpolitische Interessen instrumentalisiert, als politische Bühne missbraucht: Man denke z. B. an die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, den Anschlag in München 1972, die Olympiaboykotts in Moskau 1980 und Los Angeles 1984.
Zur milliardenschweren Marke verkommen
Schon lange sind „Olympische Spiele“ eine industrialisierte Massenveranstaltung eines korrupten Markenmonopols [5]. Einblicke in die Vertragsgestaltung des Olympischen Komitees bietet z. B. der „Host City Vertrag“ mit der Stadt Salzburg anlässlich der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2014. Hier wurden sämtliche finanziellen Risiken der veranstalteten Stadt aufgebürdet und die nationale Durchführungsgesellschaft sollte zudem neben der Stadt dazu verpflichtet werden, „alle Steuern zu tragen, die vom IOC (Internationalem Olympischen Komitee) oder einem „Dritten, den das IOC besitzt oder direkt und indirekt kontrolliert“ zu zahlen wären. Das betrifft auch Schadensersatzansprüche und Klagen… Außerdem verlangt das IOC auch die Versicherung, dass alle Personen, die sich vorübergehend im Gastgeberland aufhalten, um Geschäfte im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen auszuführen, keine Steuern auf diesbezügliche Einnahmen zahlen müssen.“ Zusammengefasst: Das IOC befreit sich von sämtlichen Kosten und Risiken und Gewinne aus Geschäften mit der Marke Olympia sind steuerfrei. Juristen des Landes Salzburg sprachen dann auch von sittenwidrigen Knebelungsverträgen.[6]
Will die Mehrheit der Bürger in Deutschland wirklich eine solche Marketingveranstaltung im eigenen Land erleben, die erfahrungsgemäß viele Milliarden Euro an Steuergeldern verschlingt?
„Weltspiele des Sports“
Feiern wir doch ein Fest der Völkerverständigung mit der Jugend der Welt, mit Sportlern der Welt – ohne Industriekonzerne, ohne Marketingagenturen, ohne Preisgelder. Mit Sportlern, die noch nicht des Dopings überführt wurden. Mit Trainer, die Sportlern keine Drogen verabreicht haben. Mit Funktionären, die sich noch nicht haben bestechen lassen.
In Hamburg und seinem Umland sind erforderliche Sportstätten und ehrenamtliche Organisations-strukturen in Sportverbänden vorhanden. Bürger, Pensionen, Hotels sind sicherlich bereit, Sportlern eine günstige Unterkunft zu bieten und sie zu unterstützen. Eine Stadt, die einen Kirchentag wie im Jahr 2013 veranstaltet hat [7], kann selbstverständlich auch „Weltspiele des Sportes“ erfolgreich durchführen.
Autor: Dr. Michael Berndt
Anmerkung: Der Autor war Leistungssportler auf internationale Ebene und als A-Lizenz-Trainer tätig.
Quellen:
[1] http://www.antikes-olympia.de/olympische-idee.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Spiele
[3] http://www.dosb.de/fileadmin/Bilder_allgemein/Veranstaltungen/Sotschi_2014/Olympische_Charta_2014.pdf
[4] http://www.nolympia.de/wp-content/uploads/Gastgeberstadt.pdf
[5] http://www.spiegel.de/sport/sonst/isl-bestechungslisten-an-fifa-und-ioc-erstmals-veroeffentlicht-a-896664.html
[6] http://www.nolympia.de/grunde-gegen-olympia-2018/vertrage-des-ioc/
[7] Kirchentag Hamburg 2013; z. B. http://www.abendblatt.de/themen/kirchentag-hamburg/
photo credit: dananthony11 via photopin cc