Was kostet die olympische Welt? Was auf Hamburg zukommen könnte

Olympia = Elbphilharmonie hoch zehn!

Olympia = Elbphilharmonie hoch zehn!

Bisher gibt es keinerlei Informationen dazu, wie teuer die Ausrichtung der Olympischen Spiele für die Hansestadt Hamburg wäre. Das hindert den Senat und die Handelskammer nicht daran, weiter die Werbetrommel für das Megaevent zu rühren – frei nach dem Motto: Wen kümmert’s schon, was uns der Spaß kosten wird!

Auf unserem (N)Olympia-Blog haben wir schon mehrfach auf dieses riskante Vorgehen hingewiesen und in aller Deutlichkeit klar gemacht, dass das Konzept, das der Senat für Olympia 2024 in Hamburg vorsieht, ein extrem teures ist. Alles soll sich zentral in Innenstadtnähe abspielen und mit der Elbinsel Kleiner Grasbrook soll ein Gebiet erschlossen werden, das nicht für’n Appel und ’n Ei zu haben sein wird. So will die Hafenwirtschaft allein 5-7 Milliarden Euro als Investitionsausgleich für den Umzug haben, völlig unklar ist, wo die neu zu erschließenden Ausgleichsflächen denn sein sollen (in Moorburg?).

Um sich dem Thema zu nähern, ist die Studie „Olympic Proportions: Cost and Cost Overrun at the Olympics 1960 – 2012″ interessant, die NOlympia Bayern hier aufschlüsselt. Demzufolge werden die Kosten für die Durchführung von Olympischen Spielen in drei Budget-Kategorien unterteilt:
1. die OCOG-Kosten, das sind die reinen Durchführungskosten der Spiele (Technologie, Verwaltung, Transport, Personal, etc.)

2. die direkten NON-OCOG-Kosten, das sind die anfallenden Baukosten, die der Austragungsort, das Land oder private Investor/innen haben, um u.a. die Stadien, Wettkampfstätten, das Olympische Dorf und das Medienzentrum zu errichten.

3. die indirekten NON-OCOG-Kosten, das ist die gesamte Verkehrsinfrastruktur, aber auch private Kosten wie Verbesserungen im Hotelsektor oder andere Investitionen zur Vorbereitung der Spiele.

Alle diese drei Budgets – das zeigt die hier zitierte Langzeitstudie von Bent Flyvbjerg und Allison Stewart – wurden in den letzten 50 Jahren ständig und bewusst viel zu niedrig angesetzt. Durchschnittlich liegen bei Olympischen Spielen die Kostenüberschreitung bei effektiv 179 Prozent und nominal 324 Prozent. In der Kategorie „Kostenexplosion“ nehmen Olympische Spiele damit den unangefochtenen Spitzenplatz ein in der Liga der teuren Großevents. Interessant ist hier der Gap zwischen den Kosten, die im Bewerbungsbuch (Bid-Book) genannt werden, und den realen Kosten, die dann ermittelt werden, wenn die Stadt den Zuschlag für Olympia erhalten hat. Um die Spiele den Bürger/innen zu verkaufen, wird hier getrickst, was das Zeug hält! In London gab es zwischen dem ursprünglichen Bid Book und dem letztlich vom IOC vorgeschriebenen Host City Vertrag einen Budgetzuschlag von 100% von anfänglichen 4,208 auf 8,441 Milliarden Pfund (hier sind die indirekten NON-OCOG-Kosten noch nicht drin). Umso wichtiger, dass bei einem in Hamburg oder Berlin durchgeführten Bürgerentscheid für Olympische Spiele 2024 die Budgetgrenze für alle drei Kategorien (!) festgelegt wird und es feste Regelungen gibt, dass bei deren Überschreitung die Bewerbung wieder zurückgezogen wird.

„Organisationsetats werden von Olympiabewerbern in der Regel mit 1,8 bis 3 Milliarden Dollar veranschlagt“, schreibt Jens Weinreich 2009 in seinem aufschlussreichen Beitrag „Unternehmen Olympia“ im Deutschlandfunk. Weinreich zeigt anschaulich, wie zwischen den drei Etats Summen hin- und her geschoben werden, um wahren Kosten der Spiele zu verdecken:

„Der OCOG-Etat soll alle Kosten der unmittelbaren Organisation von der Eröffnungs- bis zur Schlussfeier umfassen. Die Kosten für die meisten Sportstätten jedoch, sogar für Olympiastadien, werden dem Non-OCOG-Etat zugeschlagen, weil es sich bei derartigen Anlagen, so die IOC-Logik, um ,nichtolympiabedingte‘ Investitionen handele.

So wird sichergestellt, dass Organisationskomitees Gewinne ausweisen. Es ist alles eine Frage der Buchungstechnik: Was nicht in den OCOG-Etat passt, wird in den Non-OCOG-Etat ausgelagert. Manche Ausrichter führen sogar einen dritten Etat, eine Art nationalen Infrastrukturplan.“

Nicht unwichtig ist zudem die Tatsache, dass die austragende Stadt mit der Unterzeichnung des Host City Vertrags immer ein enormes Finanzrisiko eingeht: Sie garantiert dem IOC, dass sie für alle Defizite aufkommen wird, die so genannte Defizitgarantie. Dieser Blankoscheck sichert dem IOC, dass es mit Gewinn und wehenden Olympia-Fackel das Land verlassen kann, während der Austragungsort die Zeche zu zahlen hat.

In den folgenden Wochen würden wir hier bei NOlympia Hamburg ein paar Zahlen und Eckdaten zu den voraussichtlichen Kosten, die das jetzige Olympia-Konzept Hamburgs produzieren würde, sammeln. Es gibt genug Referenzwerte, die zumindest eine grobe Kostenschätzung möglich machen. Damit möchte NOLympia zumindest den potentiellen Kosten-Rahmen verdeutlichen, über den wir reden. Bei allem Olympia-Taumel, so viel Fakten-Wissen muss sein, finden wir. Auch und gerade wenn der DOSB Ende Februar die Stimmung in der Hamburger Bevölkerung für die Olympischen Spiele antesten will.

Womit die Befürworter an den Start gehen

Etwa eine Milliarde Euro könnten die Spiele Hamburg kosten, schätzt die Handelskammer bei der ersten Präsentation; Etwa 2,1 Milliarden Euro würden allein die Sportstätten kosten, schätzt der Senat. Wie Senat und Handelskammer auf diese Zahlen kommen? Ein Rätsel!


Womit (N)Olympia an den Start geht

Wir möchten gerne Licht ins Dunkle bringen und freuen uns über Hinweise, wo sich das eine oder andere Sümmchen so verstecken könnte in Bezug auf 1. die OCOG-Kosten, 2. die direkten NON-OCOG-Kosten und 3. die indirekten NON-OCOG-Kosten. Gerade die Budget-Kategorie 3 wird interessant, da die Erschließung des Kleinen Grasbrooks (inkl. Ausgleichsflächen) sicherlich der Dreh- und Angelpunkt der Hamburger Bewerbung sein wird. Hier lohnt sich ein Blick in die 2009 erstellte städtische Studie zur Erschließung des Kleinen Grasbrooks, die wir auf unserem Blog in Lang- und Kurzfassung zur Verfügung gestellt haben.

Wir sind sicherlich keine Finanz- und Verwaltungsprofis, aber eins ist klar: auf 2 Milliarden kommt (N)Olympia Hamburg beim besten Willen nicht! Lasst uns also über die Kosten reden! – transparent und ehrlich. Weitere Hinweise dazu gern an: kontakt@nolympia-hamburg.de

photo credit: nchenga via photopin cc

2 Gedanken zu „Was kostet die olympische Welt? Was auf Hamburg zukommen könnte

  1. Pingback: NOlympia-Presseschau für Januar 2015 » Nolympia

  2. vielen Dank das ihr Euch gegen Olympia in Hamburg einsetzt, ich teite Eure Bedenken.

    Ein Aspekt der Kosten ist auf jedenfall die Sicherheit die in den Technical Manuals als besonders wichtig angesehen wird.
    Der kleine Grassbrook hat ja nicht besonders viel Fläche, wenn da ein Stadion, Parkplätze und das Olympische Dorf entstehen soll. (ich hoffe ich bin richtig informiert) dann soll alleine das Stadion 70000 Zuschauer fassen. Wie sind denn die Notfallpläne? was passiert bei Feuer, Panic usw. Brandschutz (siehe BER) und dann müssen die Leute ja irgendwo hin. Fluchtwege und Auslaufflächen Oder sollen die in die Elbe springen, der Grassbrook ist schließlich eine Insel?
    mit freundlichem Gruß
    Oliver

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