Die Hamburger Kulturbehörde lädt am 8. Juli zu einem “Ideenfest” ein. Es geht um ein erstes Brainstorming für ein mögliches Olympia-Kulturprogramm, das „Interesse und Begeisterung bei Hamburgern, Besucher aus aller Welt und TV-Zuschauern in aller Welt“ schaffen soll. Nun regt sich erster Widerstand gegen diese Form der Instrumentalisierung. So lehnt es der Journalist und Stadtaktivist Christoph Twickel ab, bei dem Ideenfest mitzumachen und liefert in seinem Artikel „Not my job, Olympia in Hamburg!“ jede Menge Gründe.
Eine Frage in der Einladung zum Ideenfest lautet beispielsweise: „Was sind die Vorbehalte der Olympiagegner und wie kann man diese entkräften?“ Die Kultur soll sich hier ziemlich offensichtlich vor den Karren des höchst umstrittenen Olympia-Projektes spannen lassen und den Gegner/innen den Wind aus den Segeln nehmen. Twickel kommt in seinem Statement zu dem Schluss „Eine Kultur, die sich aus Sorge um Fördertöpfe politischen Großprojekten anschließt und sich dabei dann kritisch geriert: Das ist Hofnarrentum. Kultur muss es sich leisten können, auf Distanz zur Macht zu gehen.“
Ähnlich wie in London soll nun in Hamburg die Kultur als Instrument eingesetzt werden, um die Akzeptanz für Olympische Spiele in der Stadt zu erhöhen. Der Chef des Hamburger Stadt-Marketings, Thorsten Kausch, hat bereits im Mai in einem Gastbeitrag in der Welt die Rolle der Kultur, die vor allem Eventkultur sein soll, anschaulich skizziert:
„Menschen lieben Menschen, die sie berühren. Im übertragenen Sinne gilt das auch für Orte. Ob im Urlaub, auf Dienstreise oder beim Surfen im Netz: In Städte und Regionen, die uns emotional ansprechen, wollen wir immer wieder zurückkehren – und vielleicht sogar dort leben. Meilensteine im Stadtmarketing Hamburgs waren u.a. die Blue Goals zur Fußball-WM 2006, die Cruise Days mit dem Blue Port Hamburg sowie das Reeperbahnfestival. Alles Events, die Hamburg unverwechselbar machen und die Herzen der Besucher berühren. Das gilt es nun mit unserer Idee von Olympischen Spielen zu schaffen. Machen wir sie konsequent zu Hamburger Spielen – und das große Ziel ist erreichbar.“
Die Beispiele, die Kausch hier nennt, zeigen, wohin die Reise gehen soll. Und es ist schon erstaunlich, wie unkritisch sich sonst so kritisch gebende Institutionen wie Kampnagel dem olympischen Ruf der Stadt folgen. So ist Kampnagel-Intendantin Amelie Deufelhard Teil des beratenden Gremiums, das nun Kulturschaffende für Olympia gewinnen soll.
Dabei tut ein kritischer Blick auf die Kulturolympiade in London Not. „Künstler sollen Marke aufbauen und dann gehen“, so beschreibt es Sarah Scarsbrook, die in ihrer Doktorarbeit die Rolle der Kunst im Zuge von Olympia 2012 untersucht hat. „Die Kulturschaffenden sind ein entscheidender Bestandteil aller Pläne, aus Hackney eine neue Marke zu machen. Das nämlich versuchen sowohl staatliche Wiederaufbaukonzepte wie auch Immobilienhändler in ihren taktischen Gentrifizierungs-Manövern, die Künstler mit der Absicht in das Viertel locken, später an den gestiegenen Grundstückspreisen zu verdienen, die der Zuzug der Szene-Leute mit sich bringt.“
Künstler/innen und Kulturschaffende, die als Durchlauferhitzer zur Aufwertung von Vierteln eingesetzt werden sollen, das ist auch in Hamburg ein bekanntes Phänomen. Bereits 2009 haben sich tausende Menschen gegen die Vereinnahmung von Kunst im Sinne eines neoliberalen Stadtmarketings gewehrt und das Manifest NOT IN OUR NAME, MARKE HAMBURG! unterzeichnet, auf das Twickel nun in seiner Absage, am olympischen Ideenfest teilzunehmen, Bezug nimmt. Wollen wir hoffen, dass noch mehr seinem Beispiel folgen und diesen olympischen Job verweigern!