Olympia gefährdet schon jetzt demokratische Rechte. Die geplante Verfassungs-Änderung, die SPD und Grüne im Rekordtempo durchziehen wollen, stößt auf massive Kritik bei Manfred Brandt vom Verein „Mehr Demokratie„. Senat und Bürgerschaft wollen die grundsätzliche Möglichkeit eines Referendums einführen, statt nur die geplante Volksbefragung für die Olympia-Bewerbung zu regeln. Dabei will sich die Bürgerschaft weitreichende Rechte genehmigen, mit der sie künftig Bürgerbewegungen auskontern kann. Auf Hamburg1 sagte Brandt: „“Die deutsche Olympiabewerbung wird missbraucht, um im Hauruckverfahren demokratische Mitwirkungsrechte des Volkes einzuschränken. Das Volk wird entmachtet. Damit untergräbt die Regierungskoalition unter Mitwirkung der CDU die Olympia-Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger und beschädigt unsere Demokratie.““
(Es lohnt sich, das ganze Statement auf Hamburg1 zu lesen!)
- Olympia ändert Hamburg: Der Antrag zur Verfassungsänderung
- Update: Linke und Grüne zur Verfassungsänderung auf HH1
Gestern hatten wir hier den Antrag zur Verfassungsänderung veröffentlicht. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Volksbefragungen künftig „von oben“ durchgeführt werden können. Mit erheblichen Auswirkungen, denn damit können Senat und Bürgerschaft künftig grundsätzlich direkt auf Volksinitiativen etc. Einfluss nehmen. Zwar soll es dazu eine zweidrittel Mehrheit in der Bürgerschaft erfordern, kommt diese aber zustande, bekommt die Bürgerschaft das Heft des Handels in die Hand und bestimmt weitgehend Inhalte und Verfahrensabläufe. Innerhalb kürzester Fristen müsste nach der Einleitung eines Referendums dann eine Volksinitiative in der Lage sein, die erforderlichen rund 65.000 Unterschriften in einem Zeitraum von drei Wochen zu sammeln. Kaum eine Initiative dürfte dazu praktisch und finanziell in der Lage sein. Damit aber wäre im Falle eines Referendums die Volksinitiative aus dem Rennen.
- Mehr als nur Olympia – Mehr Demokratie e.V. warnt vor Verfassungs-Schnellschuß
- Die Sache mit dem Volk: Die Fahrpläne zum Olympia-Wahltermin in Hamburg
- Olympia Hamburg, die Verfassungsänderung und eine Volksinitiative
Brandt gegenüber Hamburg1: „Gegenvorlagen aus dem Volk wären faktisch nicht möglich. Senat und Bürgerschaft übernehmen das Verfahren mit der zeitlichen und inhaltlichen Festlegung. Inhaltlich kann zum selben Thema das Gegenteilige einer Volksinitiative zur Abstimmung vorgelegt werden. Die früh ausgebremste Volksinitiative hat keine Chance, ihre Vorlage mit zur Abstimmung zu stellen und die Gründe in einer amtlichen Abstimmungsbroschüre darzulegen. Das soll und wird unliebsame Volksinitiativen ersticken.“
Brandt sagt auch, dass z.B. der Volksentscheid Unser Hamburg – Unser Netz, mit dem die erfolgreiche Rekommunalisierung der Energienetze von Vattenfall und E.on erreicht wurde, dann möglicherweise nicht möglich gewesen wäre. Mit einem Referendum hätten Senat und Bürgerschaft dazwischen gehen und die Initiative platt machen können.
„Durch eine neue Verfahrenshürde werden Verfassungsänderungen durch das Volk faktisch unmöglich gemacht. Der Entwurf erweckt den Eindruck, als sei er durch die Expertenanhörung bürgerfreundlicher geworden. Das Gegenteil trifft zu.“
Bereits vor ein paar Tagen war beim NDR die Kritik von uns an dem Vorgehen in der Bürgerschaft nachzulesen: „Die Hamburger Olympia-Gegner kritisierten die geplante Verfassungsänderung. Die Bürgerschaft habe das Thema verschlafen und müsse nun unter Zeitdruck eine Entscheidung mit unabsehbaren Folgen treffen, sagte Dirk Seifert von (N)Olympia-Hamburg NDR 90,3. Bei einer Anhörung im Rathaus hätten fast alle geladenen Experten von einer solchen Änderung, mit der auch verbindliche Befragungen der Bürger zu anderen Themen möglich werden, abgeraten. Ein großes Problem sei zudem, dass das Ergebnis des für den Herbst geplanten Olympia-Referendums bis zum Ende der Legislaturperiode 2020 gelten soll, ohne geändert werden zu können. Seifert fordert stattdessen eine Reißleine, für den Fall, dass sich die Kosten für Sommerspiele deutlich erhöhen sollten. Zudem müsse es 2017 ein zweites Referendum geben, falls Hamburg dann tatsächlich als Olympiastadt ausgewählt werden sollte und das IOC neue Bedingungen für die Ausrichtung nennt. (N)Olympia überlegt derzeit, eine eigene Volksinitiative zum Thema olympische Sommerspiele auf den Weg zu bringen.“
Pingback: NOlympia-Presseschau für Mai 2015 » Nolympia