Im Endspurt des Hamburger Wahlkampfs erwachen die GRÜNEN aus ihrem Olympia-Schlaf. Ups, die SPD hat einen Deal mit der Hafenwirtschaft gemacht und ihr weitreichende finanzielle Zusicherungen gegeben für den Fall, dass sie den Kleinen Grasbrook räumen muss? Ui, Olympia wird doch ganz schön teuer und ökologisch ist das Ganze wohl auch kaum. Mh, und wir haben uns ja mal für Transparenz und eine unabhängige Studie ausgesprochen. Alles, einfach alles, was vorher durch einen interfraktionellen Antrag abgemacht war, wird vom SPD-Senat ignoriert! Transparenz? Für die SPD ein Fremdwort!
Kein Wunder, dass sich nun Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bitter im Abendblatt beklagt, die SPD-Planungen zu Olympia seien unseriös: O-Ton: „Das Problem an Olympia sind jedoch die Intransparenz bei der Planung und das Kostenrisiko. Der Hamburger SPD-Senat weigert sich, konkrete Kosten und Planungen auf den Tisch zu legen. Das ist unseriös. Ohne zu wissen, was der Spaß kostet, kann man nicht für Olympia trommeln. Das Projekt hat die zigfache Dimension der Elbphilharmonie.“ Dumm gelaufen für die Grünen, die nun hinterherlaufen.
Hofreiter nennt noch einen weiteren Kritikpunkt: die Frage der Sponsoren. Und wenn man sich die Liste der Hauptsponsoren der Olympischen Spiele anguckt, läuft es einem eiskalt den Rücken runter: McDonald’s, Coca-Cola, der Ölriese BP, der umstrittene südkoreanische Konzern Samsung, den Greenpeace aufgrund der Krebsfälle von Mitarbeitern als eines der „schlimmsten Unternehmen der Welt“ bezeichnet. Top-Sponsor der letzten Olympiade, den ach so nachhaltigen Sommerspielen in London, war Dow Chemicals. Die Firma ist groß geworden als Lieferant des Kampfstoffs Napalm und des Entlaubungsmittels Agent Orange im Vietnam-Krieg. Zudem ist die Firma verantwortlich für das Chemieunglück in Bophal Indien im Jahr 1984, bei dem 20.000 Menschen starben.
Die Sponsoren sponsern nicht uneigennützig. Neben der Imagepflege wachen sie eifrig darüber, welche Produkte rund um das Olympische Gelände konsumiert werden. Verkaufen dürfen nur die Lizenzpartner. Keine Fritz- oder Ali-Cola darf in weitem Umkreis von den Olympischen Stätten konsumiert werden, kein Hamburger Bier, kein whatever. Dies ändert sich auch nicht nach den so genannten Reformen des IOCs. Wieso auch? Ist doch ein wunderbares Geschäft!
Überrascht bin ich dann doch über die Naivität der hiesigen Politiker/innen, die jetzt schon komplett nach der Pfeife des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) tanzen, aber meinen, Einfluss auf das IOC haben zu können. Auf den Abendblatt-Hinweis, dass IOC-Präsident Thomas Bach doch nun das IOC reformieren wolle, gibt Hofreiter eine Art Glaubensbekenntnis ab: „Die Hamburger Grünen lehnen genau aus diesem Grund die Spiele nicht grundsätzlich ab. Sondern Olympia in Hamburg wird an ganz konkrete Reformbedingungen dieser Großveranstaltung geknüpft. Olympische Spiele brauchen ein neues Konzept: Bürgernähe, Nachhaltigkeit, Transparenz und massive Kostensenkung.“ Hallo? Mit diesem IOC? Anlass genug, sich das so genannte Reformpaket einmal genauer anzugucken.
Voilà – hier ist die Olympische Agenda 2020, die bisher reinen Empfehlungscharakter hat! Knapp und gut auf den Punkt gebracht analysiert der Deutschlandfunk das „Reformpaket“. Nach wie vor fehle die Transparenz beispielsweise in Bezug auf die Entscheidung, welche Stadt den Zuschlag bekommt. Groß verkündet wird, dass nun alles transparenter sein soll, aber bereits beim Vorschlag 1 „Das Bewerbungsverfahren als Einladung gestalten“ lässt das IOC jede Menge Hintertürchen offen. Unterpunkt sechs sichert Folgendes: „Das IOC macht den Vertrag mit der Gastgeberstadt der Öffentlichkeit zugänglich“. Wow, toll, endlich gibt es einen kompletten Einblick in den Host City Vertrag. Dies ist der Knebelvertrag zwischen austragender Stadt und dem IOC. Nur leider folgt schon zwei Punkte weiter, die Ernüchterung: „Wahrung der rechtlichen Interessen Dritter, indem Teile des Vertrags vertraulich behandelt werden“. Hierunter lassen sich dann alle speziellen Deals mit Firmen und Sponsoren als „Schutz der Interessen Dritter“ verstecken.
Auch beim Vorschlag 2 Beweberstädte anhand der größten Chancen und Risiken bewerten (ist das nicht eine Selbstverständlichkeit oder wonach wurde vorher bewertet?) stolpern wir über Folgendes: „Das Briefing einer Kandidatenstadt umfasst auch ein Gespräch zwischen den Mitgliedern und der Evaluierungskommission des IOC unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ Insgesamt ist auch der Vorschlag 29 zur Transparenz äußerst dubios, weil da so Selbstverständlichkeiten drin sind, wie das Angebot, dass das IOC seinen Finanzbericht (inkl. Spesen) offenlegen muss. (Mich würde viel mehr interessieren, ob das IOC auch Steuern im Austragungsland zahlen wird).
Hier könnte man noch ohne Ende weitermachen. Die Nachhaltigkeitskriterien sind butterweich und gehen über Absichtserklärungen, wie: „Das IOC bemüht sich, weniger zu reisen“, nicht hinaus. Interessant sind auch die Aussagen und Reformversprechen, die eigentlich Selbstverständlichkeiten in Demokratien markieren sollten, wie z.B. die, dass sich das IOC gegen Homophobie und Diskriminierung ausspricht. Mit den Erfahrungen von Sotschi ist das aber so eine Sache mit den demokratischen Werten und dem IOC, sie werden – je nach Gastgeberland – angepasst.
Wichtig ist auch, was hier NICHT steht. Wie ist es mit der 34 der Olympischen Charta, die dem IOC freie Hand lässt und die dazu führt, dass die Bewerberstädte ihre Entscheidungshoheit abgeben. Das liest sich u.a. dort so: „Jede Bewerberstadt hat die Pflicht, die Olympische Charta und jede andere Regelung und Vorgabe, die von der IOC-Exekutivkommission erlassen wird, sowie alle technischen Vorschriften, die von den IFs für deren jeweilige Sportart erlassen werden, zu befolgen“. Knallharte Ansage, wie man in Norddeutschland so sagt. Aber das wird schon, hoffen die Grünen.
photo credit: NOlympia Berlin: „Lieber war Jutet statt Olympia!“ via photopin (license)
Deckel über die Autobahn ….. Busbeschleunigungsspuren ….
Olympia in Hamburg …. wieder ein Thema was der Hamburger nicht braucht und den Verkehr für die nächsten 10 Jahre zum
Exodus bringt …. für alle verkehrsteilnehmer die Hölle mit unkalkulierbaren Kosten ……
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