Wir haben gefragt – jetzt hat Senator Neumann in Abstimmung mit dem Hamburger Sportbund (HSB) und dem Deutschen Olympischen Sport Bund (DOSB) geantwortet. Diese Antworten sind gleich hier unten nachzulesen (fett) oder hier als PDF zum download. Wir stellen die Antworten des Senats hiermit zur Verfügung und freuen uns auf eure Kommentare.
Antworten auf unsere 13 Fragen vom 18. September 2014
An den Hamburger Senat und den DOSB
Auf Initiative vor allem der Handelskammer wird in Hamburg über eine Bewerbung zu Olympischen Sommerspielen diskutiert. Der Hamburger Senat ist dabei, 13 Fragen des Deutschen Olympischen Sport Bundes (DOSB) zu beantworten, um sich für die Austragung sol-cher Spiele zu bewerben. Im Dezember entscheidet der DOSB, ob und mit welcher bundes-deutschen Stadt er eine Bewerbung für die Austragung olympischer Spiele auf den Weg bringen will.
Betont wird von nahezu allen Verantwortlichen, dass eine Bewerbung für die Austragung olympischer und paralympischer Spiele nicht ohne die Zustimmung der Bevölkerung erfolgen soll. Eine Befragung der Hamburger/innen soll jedoch frühestens im Mai 2015 stattfinden – dafür müssten noch die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden. In einer repräsentativen Umfrage haben jüngst über 70 Prozent der Hamburger/innen trotz einer großen sportlichen Sympathie für Olympia vor allem ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die Durchführung von Sommerspielen für Hamburg „zu teuer“ werden könnte und dass das Geld dann anderer Stelle fehle.
Diese und viele andere Sorgen in Bezug auf Olympia in Hamburg bewegen auch uns. Auf einem ersten (N)Olympia‐Ratschlag haben wir – das heißt zahlreiche Stadtaktivist/innen, linke Gruppen, Kultureinrichtungen, Vertreter/innen von Umweltverbänden, Linkspartei & Grünen bis hin zu Sozialdemokraten und “rebellischen” Unternehmern – uns über eine mög-liche Olympia‐Bewerbung Hamburgs ausgetauscht.
Gemeinsam stehen wir der bisherigen Olympia‐Kampagne entweder kritisch oder ablehnend gegenüber. Für uns ist klar: Eine Bewerbung Hamburgs für die Austragung der Olympischen Spiele 2024, 2028 oder 2032 ist ohne eine grundlegende Reform des Internationalen Olym-pischen Komitee nicht denkbar. Das IOC kommerzialisiert die Olympische Idee und lässt den konkurrierenden Bewerberstädten kaum Gestaltungsfreiheit bei der Planung und Umsetzung der olympischen Infrastruktur. Mit den folgenden Fragen wollen wir uns einmischen.
Der Senat der Freien und Hansestadt begrüßt, dass frühzeitig Fragen rund um Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg aufgeworfen werden. Ein breiter Dialog in der Stadt ist notwendig, denn Olympische Spiele in Hamburg und Deutschland sind nur möglich, wenn sie von den Bürgerinnen und Bürgern in Hamburg und Deutschland auch getragen werden.
Selbst wenn aufgrund des Vorbereitungsstandes manche Fragen heute noch nicht beantwortet werden können, ist es hilfreich, die Fragen frühzeitig zu stellen, damit sie bei der weiteren Planung, aber auch bei der späteren Entschei-dung helfen.
DREI & ZEHN FRAGEN
Neben konkreten Fragen zu einer Hamburger Bewerbung stellt sich zuallererst die Frage nach dem „Partner“ Olympischer Spiele, dem Internationalen Olympischen Komitee:
1. Mit welchen IOC‐Reformen möchte das IOC die Bürger/innen Hamburgs für sich gewin-nen? Wäre das IOC bereit, sich einem halbjährlichen Audit der Organisation „Transparency International“ zu unterziehen?
Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg kann nicht für das IOC sprechen. Er begrüßt aber, dass das IOC einen Reformprozess plant und Thomas Bach Reformen u.a. in den Bereichen „Nachhaltigkeit“, „Glaubwürdigkeit“ und „Ju-gend“ zum Thema seiner Präsidentschaft im IOC gemacht hat.
In Hamburg gilt das im bundesweiten Vergleich weitreichendste Transparenz-gesetz. Es geht auf eine Volksinitiative zurück und wird auch bei der Vorberei-tung und Durchführung von Olympischen Spielen Anwendung finden. Ein ers-tes Gespräch mit Transparency International hat am 5. September 2014 stattge-funden. In diesem Rahmen wurde die weitere Zusammenarbeit und Begleitung des Prozesses verabredet.
Auch der DOSB hat bereits erklärt, eng mit Transparency International zusam-menarbeiten zu wollen. Schon für die später nicht zustande gekommene Be-werbung Münchens um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2022 hatte er mit Transparency International gemeinsam einen Ethikcode er-stellt. Darin wurden die „demokratische Einbindung der Bevölkerung“ sowie ein „aktiver Dialog“ mit den betroffenen Interessensgruppen (Stakeholder) festgeschrieben. Zugleich wurde betont, dass die Athletinnen und Athleten im Mittelpunkt der Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2022 stehen sollten.
2. Wird der Senat und der DOSB sicherstellen, dass es transparente Vertragsverhandlungen zwischen dem IOC und der FHH insbesondere beim „Host City Vertrag“ geben wird?
Der Hamburger Senat wird über die Vertragsverhandlungen gegenüber der Hamburgischen Bürgerschaft und der Öffentlichkeit berichten und sich wie beim Rückkauf der Energienetze für eine Veröffentlichung der Vertragswerke einsetzen.
3. Ist der Senat bereit, das ggf. von den Bürger/innen beschlossene nachhaltige und sozial-verträgliche Bewerbungskonzept zur unabdingbaren Voraussetzung mit Ausstiegsklausel zu machen?
Die Nachhaltigkeit in ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension ist das tragende Thema des am 1. September 2014 vorgestellten Konzeptes für eine mögliche Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele. Hamburg setzt auf kompakte Spiele der kurzen Wege mit einem modernen, umweltverträglichen Verkehrskonzept. Die Mehr-zahl der Sportstätten gibt es bereits. Von einer anlässlich der Spiele erforderlichen Sanierung und Modernisierung wird Hamburg langfristig profitieren. Tem-poräre Sportstätten werden sehr einfach hergerichtet und nach den Spielen wieder abgebaut. Für jede neu errichtete, nicht nur temporäre Einrichtung wird es eine wirtschaftlich tragfähige Nachnutzung geben. Sensible Landschaftsräume werden nicht in Anspruch genommen. Im Gegenteil, aus versiegelten Ha-fenflächen wird ein weitläufiger und attraktiver Park.
Das Hamburger Vergabegesetz wird dafür sorgen, dass der bundesweit gesetz-lich geregelte Mindestlohn beachtet wird und Lohndumping oder die Umgehung von Tarifverträgen ausgeschlossen ist.
Mit Blick auf eine Bewerbung der Hansestadt stellen sich darüber hinaus für viele Hamburge-rinnen und Hamburger viele weitere Fragen. Unsere sind zunächst:
1. Wie wird die Austragung der Olympischen Spiele ohne Sozialabbau, ohne weitere Schul-den und ohne Privatisierung öffentlichen Eigentums (vor allem Liegenschaften und Gebäude) finanziert? Zu welchem Zeitpunkt wird der Senat ein verlässliches Finanzkonzept mit ver-bindlichen Zusagen von IOC und Bund sowie einer Risikoanalyse vorlegen?
Verlässliche Zahlen lassen sich erst nach sorgfältiger Planung ermitteln. In der Bürgerschaftsdrucksache 20/6208 hat der Senat dargelegt, wie mit dem Fort-schritt der Planung bei großen Bauprojekten die Kosten Schritt für Schritt zuverlässiger ermittelt werden können. Das Instrument, die in der jeweiligen Pha-se verbleibende Unsicherheit abzubilden, ist die Kostenvarianz.
Da bereits die Planung Geld kostet, wird der Senat zunächst im Frühjahr 2015 ein Finanzkonzept vorlegen, das die wesentlichen Kostenpositionen identifiziert und die Finanzierungswege skizziert. In den weiteren Phasen wird mit der Planung das Finanzkonzept verfeinert.
Für Hamburg ist klar, dass die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele nicht mit einer höheren Verschuldung Hamburgs bezahlt werden kann. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes, die den Bund und die Länder zu ei-nem ausgeglichenen Haushalt verpflichtet, gilt. Ebenso würden die Spiele nicht über Einschnitte im Sozial- oder Bildungsbereich oder umfangreiche Privatisie-rungen finanziert werden.
Da die Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele eine Bewerbung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit einer Stadt für Deutsch-land ist, ist eine Beteiligung des Bundes an der Ausrichtung der Spiele Voraus-setzung für eine Hamburger Bewerbung.
Im Übrigen werden die mit einer Olympia-Bewerbung verbundenen Investitio-nen in Straßen und Fahrradwege, S- und U-Bahnen, in den Wohnungsbau und in die Sport- und Freizeitanlagen langfristig die Lebens- und Freizeitqualität in der Stadt und der Region bereichern.
2. Offiziell werden derzeit für die Bewerbung und die Erarbeitung der Planungsgrundlagen Kosten zwischen 50 und 100 Millionen Euro genannt. Auf welcher Grundlage kommen diese Schätzungen zustande und können noch höhere Kosten ausgeschlossen werden? Und vor allem: Wer trägt diese Kosten?
Die Kosten einer internationalen Bewerbung im Zeitraum 2015 bis zu einer mög-lichen Vergabeentscheidung im Jahr 2017 lassen sich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht detailliert berechnen. Die endgültige Kalkulation bliebe einer später zu gründenden nationalen Bewerbungsgesellschaft vorbehalten. Aus diesem Grund wird bislang der vom DOSB genannte Rahmen von 50 Mio. Euro zu Grunde gelegt. In Hamburg wurden bereits die Kosten für die nationale Bewer-bung als deutsche Gastgeberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2012 zu gleichen Teilen von der Stadt und der Wirtschaft getragen. Die Handelskammer Hamburg hat gegenüber dem Hamburger Senat erklärt, dass auch für die jetzt anstehende internationale Bewerbungskampagne eine hälftige Beteiligung von Seiten der Wirtschaft angestrebt wird.
Darüber hinaus würde Hamburg auf die Bundesregierung zugehen, um für eine Beteiligung des Bundes am staatlichen Anteil der Bewerbungskosten für Olym-pische und Paralympische Spiele in Deutschland zu werben.
Die Bewerbungskosten beinhalten einerseits die weitere Vertiefung der Planun-gen und Kostenermittlung und anderseits eine Öffentlichkeitsarbeit, die auch eine internationalen Werbung für Hamburg einschließt. Der Hamburg verblei-bende Kostenanteil ist vergleichbar mit den Kosten der Vorbereitung und Durchführung des Jahres der Europäischen Umwelthauptstadt 2011. Dieses Jahr hat die internationale Wahrnehmung Hamburgs wesentlich gesteigert. Dies ist auch von einer internationalen Bewerbung Hamburgs um Olympische Spiele zu erwarten.
3. Die Ausrichtung der Olympischen Spiele in London ist um das 3,7 fache teurer geworden als die ursprüngliche Kostenschätzung von 3,06 Mrd. € behauptet hatte. Wir Hambur-ger/innen wissen: Für die Elbphilharmonie werden am Ende mehr als das Vierfache der ur-sprünglichen Kostenschätzung zu zahlen sein: Warum sollen wir glauben, dass Hamburg bei der Ausrichtung Olympischer Spiele eine ähnliche nachträgliche Kostenexplosion erspart bleibt?
London hat im Organisationsbudget der Olympischen Spiele keinen Verlust, sondern einen operativen Gewinn von 30 Mio. Pfund erzielt: Einnahmen in Höhe von 2,41 Mrd. Pfund standen Ausgaben in Höhe von 2,38 Mrd. Pfund gegenüber. Die Kostensteigerungen entstanden nach unseren Informationen auch nicht beim Bau der Sportstätten, sondern bei der begleitenden Infrastruktur. Die Er-richtung von öffentlicher Infrastruktur, die Sanierung eines ganzen Stadtteils und die Schaffung des Olympiaparks als Naherholungszone dienten nicht allein der Durchführung der Olympischen und Paralympischen Spiele, sondern dienen den Bürgern/innen Londons auf Jahre und Jahrzehnte.
Hamburg hat sich intensiv mit den Erfahrungen bei der Realisierung von gro-ßen Bauprojekten auseinandergesetzt und darauf aufbauend ein Konzept zum Kostenstabilen Bauen (Bürgerschaftsdrucksache 20/6208) entwickelt. Mit dem Bau der Elbphilharmonie wurde begonnen, bevor die Planung abgeschlossen war. Seit der Fertigstellung der Planung und der Neuordnung der Verantwortlichkeiten und Verträge wird die Elbphilharmonie im vorgesehenen Zeit- und Kostenplan fertiggestellt. Hamburg hat aus diesen Erfahrungen ge-lernt und wird diese nutzen.
Klare Verantwortlichkeiten sowie eine sorgfältige Zeit-, Kosten- und Risikosteu-erung werden eine kostenstabile und termingerechte Herstellung der Sportstätten sowie der erforderlichen Infrastruktur gewährleisten.
4. Schon heute ist der Zustand vieler Sportstätten für den Breitensport in der Kritik. Wie soll vermieden werden, dass für Olympia Finanzmittel aus dem ohnehin schlecht finanzierten Hamburger Breitensport abgezogen werden und wie kommt die Nachnutzung der Olympi-schen Groß‐Sportstätten dem Breitensport zugute?
In der Dekadenstrategie HAMBURGmachtSPORT ist die aufwachsende Förderung des Breitensports und die Ertüchtigung der Sportanlagen ausdrücklich und verlässlich verankert. Sie wird unabhängig vom Ausgang einer Olympi-abewerbung weiter verfolgt werden.
Da neben den Wettkampfstätten für die einzelnen Sportarten ebenfalls Trai-ningsstätten vorgehalten werden müssen, würden viele Sportstätten der Stadt in den kommenden Jahren erheblich profitieren. Im Bereich Sportinfrastruktur würde eine Durchführung von Olympischen und Paralympischen Sommerspielen Hamburg Jahrzehnte nach vorne bringen. Die Wettkampfstätten, die zum Teil umgebaut würden, stünden nach den Spielen außerdem für Wettkämpfe im Amateurbereich zur Verfügung.
Im Übrigen würde Hamburg bei der finanziellen Konzeption der weiteren Bewerbung großen Wert darauf legen, dass die Bewerbung und ihre einzelnen Elemente von vornherein so angelegt sind, dass sie während der Bewerbungsphase positive Wirkungen für die Stadt und für den Sport entfalten. Bereits die zurückliegende Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 hat wichtige Impulse für den Sport in Hamburg geliefert. Dies belegen u.a. der Ausbau der Sportstätteninfrastruktur und die erfolgreiche Entwicklung der Dekadenstrategie für den Hamburger Sport.
Ein besonderer Schwerpunkt würde bei der aktuellen Bewerbung auf Teilha-beaspekte und den Ausbau der Verbindung von Leistungs- und Breitensport gelegt werden, z.B. beim Hamburg Marathon. Bereits in der frühen Bewerbungsphase könnten hier besondere Akzente gesetzt werden, die positive und dauerhafte Effekte für den Breitensport sowie für den Ausbau und die Weiter-entwicklung künftiger Sportveranstaltungen hätten.
5. Für die Unterbringung während der Olympischen Spiele werden große Wohnanlangen errichtet. Wie stellt der Senat sicher, dass alle Olympiaunterkünfte hinterher ausschließlich das Angebot an bezahlbarem Wohnraum erhöht?
Das Olympische Dorf wird nach den Olympischen und Paralympischen Spielen mit ca. 3.000 Wohnungen ein attraktiver Wohnstandort werden. Mindestens ein Drittel der Wohnungen soll – wie bereits in der östlichen HafenCity – als sozia-ler, geförderter Wohnungsbau errichtet werden.
Das bereits geplante Wohnungsbauvorhaben in Wilhelmsburg umfasst 2.500 bis 3.000 Wohnungen einschließlich Infrastruktur. Auch hier wird ein Drittel der Wohnungen als sozial geförderter Wohnungsbau errichtet werden.
6. Wird ein gesetzlich verankerter Ausschluss einer Privatisierung der für die Olympischen Spiele vorgesehenen öffentlichen Flächen (z.B. auf dem Kleinen Grasbrook) angestrebt?
Für eine endgültige Festlegung ist es zu früh, allerdings kann davon ausgegan-gen werden, dass der Olympiapark, das verkleinerte Olympiastadion, die zum Kreuzfahrtterminal umgebaute Olympiahalle sowie das Schwimmbad in öffent-licher Trägerschaft verbleiben. Die Wohnungen werden im Drittelmix von freien Wohnungsunternehmen und Genossenschaften vermietet bzw. als Eigentums-wohnungen verkauft. Auch eine Beteiligung der städtischen Wohnungsgesellschaft ist möglich.
7. Ein Schwerpunkt der Vorbereitung und Durchführung Olympischer Spiele wird der Hamburger Hafen sein. Schon heute ist der Hafen nicht nur bei den Luftbelastungen ein Umwelt-problem. Was soll unternommen werden, um Olympia‐Gäste und Hamburger/innen vor den Abgasen aus dem Hafenverkehr zu schützen? Wie kann sichergestellt werden, dass die vielen zusätzlichen Bauvorhaben das Grün in der Stadt nicht weiter dezimieren und dass die enormen Luft‐ und Umweltbelastungen reduziert werden?
Unabhängig von den Olympischen und Paralympischen Spielen stellt der Hafen im Herzen der Stadt eine besondere Herausforderung für die Umweltqualität dar. Deshalb hat Hamburg damit begonnen, für die Kreuzfahrtschiffe, die noch be-sonders hohe Emissionen haben, Landstromanschlüsse zu bauen. Viele für den Hafenbetrieb erforderliche Schiffe verfügen bereits über Landstromanschlüsse. Bis 2024 bzw. 2028 ist davon auszugehen, dass zunehmend Fracht- und Con-tainerschiffe über Landstromanschlüsse verfügen. Gemeinsam mit neuen Um-weltvorschriften für Schiffsabgase in Nord- und Ostsee, die auch im Hamburger Hafen Gültigkeit haben, ist von einem deutlichen Rückgang der Schiffsmissio-nen auszugehen.
Die Planung des olympischen und paralympischen Zentrums steht im Einklang mit den Zielen der Hamburger Stadtentwicklung: Innen- vor Außenentwicklung, Nutzung von Konversionsflächen und keine Inanspruchnahme von sensiblen Landschaftsräumen. Bei der Planung ist darauf zu achten, dass möglichst keine Gewässerflächen verfüllt oder auf andere Weise in Anspruch genommen wer-den, damit keine nachhaltigen Schäden für Flora und Fauna entstehen. Statt grüner Areale im Außenbereich wird eine citynahe Fläche im heutigen Hafenge-biet genutzt, um sie langfristig einer hochwertigen Wohn-, Freizeit- und Gewer-benutzung zuführen zu können. Durch langjährige gewerbliche Nutzung verfügt diese Fläche kaum über ökologische Qualitäten. Für die Olympischen und Pa-ralympischen Spiele wird sie in großen Teilen entsiegelt und ökologisch auf-gewertet. Sie wird zu einer hochwertigen Wohn-, Freizeit- und Gewerbenutzung mit hohen Grünanteilen und einem öffentlichen innerstädtischen Park.
Ein sorgfältiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen wird auf allen Ebenen beachtet. Dies gilt sowohl für ein nachhaltiges Flächenmanagement, als auch für eine Versorgung mit regenerativen Energien, für die Verwendung von öko-logisch und gesundheitlich unbedenklichen Baustoffen oder für die Beschaf-fung von Verbrauchsmaterialien. Damit ist natürlich auch verbunden, dass bei den benötigten Sportstätten zunächst der temporäre Ausbau geprüft wird bzw. für neu zu errichtende Sportstätten Rückbau und Nachnutzungskonzept von vornherein mitgedacht werden.
8. Wie wird insgesamt die Klimaneutralität der Spiele gewährleistet?
Hamburg hat mit dem Masterplan Klimaschutz die Weichen gestellt, bis zum Jahr 2050 den Energie- und Wärmebedarf weitgehend aus erneuerbaren Ener-gien zu decken. Großveranstaltungen – wie Olympische und Paralympische Spiele – haben einen hohen Energiebedarf für den Bau und Betrieb der Sport-stätten, für die Infrastruktur und für den Transport, die Logistik und für das Catering.
Deshalb wird bei den vertieften Planungen auf einen möglichsten hohen Anteil an Energie aus erneuerbaren Quellen hingearbeitet. Dies steht in Übereinstim-mung mit den Zielen, die Hamburg unabhängig von den Olympischen Spielen verfolgt.
Neben dem Energiekonzept wird auch das Mobilitätskonzept auf eine möglichst weitgehende CO2-Neutralität ausgerichtet mit dem Vorrang für den öffentlichen Personenverkehr, Fußgänger und Radfahrer. Jeder Olympia-Teilnehmer soll ein „Hamburg Olympic Bike“ erhalten, so dass das Fahrrad das prägende Ver-kehrsmittel für den innerstädtischen olympischen Verkehr wird.
Denkbar ist ein Energie- und Wärmeversorgungssystem, das zum Beispiel Wärme aus der Einspeisung von Anliegern, der Solarthermie oder aus Kraft-Wärme-Kopplung nutzen würde. Ein virtuelles Kraftwerk als intelligentes Steuerungssystem kann die Energieflüsse regeln. Überschüssige Energiemengen aus Wind- und Photovoltaikstrom können in Wärme umgewandelt und im Wär-menetz genutzt oder gespeichert werden.
9. Mit welchen Sicherheits‐ und sog. Anti‐Terror‐Maßnahmen ist im Vorfeld und während der Durchführung der Olympischen Spiele zu rechnen und wie soll die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Hamburger/ innen gewährleistet werden? Die negativen Erfahrungen mit den Gefahrengebieten Anfang 2014 stecken vielen noch in den Knochen.
Für eine Bewertung der Sicherheitslage und den sich daraus ergebenden notwendigen Maßnahmen ist es noch viel zu früh. Es lässt sich heute nicht seriös prognostizieren, welche – möglicherweise weltpolitischen – Ereignisse die Si-cherheitslage in den Jahren 2024 oder 2028 prägen. Klar ist, dass die berechtig-ten Sicherheitsinteressen der Hamburgerinnen und Hamburger sowie der Gäste unserer Stadt ebenso berücksichtigt werden, wie deren Bewegungsfreiheit.
10. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund privater Wirtschaftsinteressen die Hamburger Olympia‐Bewerbung mit einer massiven Kampagne befördert wird. Wie wird gewährleistet, dass bei einem anstehenden Referendum Gegner/innen und Befürworter/innen der Spiele die gleichen Möglichkeiten bekommen, ihre Positionen in der Öffentlichkeit darzustellen?
Der Senat geht davon aus, dass es im Vorfeld eines Referendums nicht nur „schwarz“ und „weiß“, „Gegner“ und „Befürworter“ geben wird, sondern alle Hamburgerinnen und Hamburger über die vielen Gesichtspunkte, die mit Olym-pischen Spielen in Hamburg verbunden sind, einen Dialog führen werden.
Der Senat nimmt Fragen und Bedenken ernst. Sie helfen bei der Entscheidung und bei der Suche nach der jeweils besten Lösungen. Er wird durch Transpa-renz und Information dafür Sorge tragen, dass allen Hamburgerinnen und Hamburgern die Abwägung von Vor- und Nachteilen ermöglicht wird. Er geht davon aus, dass sich dieser Dialog aber weit über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus in Medien, Organisationen und Institutionen entwickeln wird und alle Positionen ihren Weg in die Öffentlichkeit finden werden.
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