JA zu einem besseren Hamburg – NEIN zu Olympischen Spielen! Von Heike Sudmann, CO-Vorsitzende der Linksfraktion in der Bürgerschaft Hamburg.
Der Hamburger Senat wirft zum dritten Mal seinen Hut in den Ring für die Austragung Olympischer Spiele. Am 31. Mai wurde die Bewerbung – für die Jahre 2036, 2040 und 2044 – als erstes Grobkonzept beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) abgegeben. Bis September prüft der DOSB nun die Einhaltung der Mindestanforderungen und ob weitere Unterlagen erforderlich sind. Ende des Jahres entscheidet dann die DOSB-Mitgliederversammlung, ob alle vier Bewerbungen – Berlin, München, Rhein-Ruhr-Region und Hamburg – weiterhin im Rennen bleiben. Alle Bewerber*innen versprechen, die Bevölkerung noch zu beteiligen, in Hamburg soll es Ende Mai 2026 ein Referendum geben. Voraussichtlich im Herbst 2026 legt sich der DOSB dann fest, welches Konzept aus welcher Stadt/Region und für welche Jahre beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eingereicht werden soll.
(Dieser Text ist zuerst erschienen im gemeinsamen Bürger*innen-Brief (BB) der beiden Abgeordneten der Linksfraktion Hamburg, Heike Sudmann und Stephan Jersch. Der monatlich erscheinende kostenlose BB berichtet über aktuelle und wichtige Themen im Bereich Stadt- und Umweltpolitik entsprechend den Themen der beiden Abgeordneten und kann hier angesehen und angefordert werden.)
Alles neu und besser? »Grüne« Olympische Spiele

2015 haben die Hamburger*innen mehrheitlich in dem damaligen Referendum gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele in Hamburg votiert. Gibt es seitdem gravierende Änderungen, die nicht nur den Blick auf die Spiele, sondern auchauf das Internationale Olympische Komitee (IOC) und sein Gebaren verändern (müssen)?
Viel ist zu lesen und zu hören ist von neuerdings »grünen« Spielen. So sollen Sportstätten nicht mehr extra für Olympia gebaut werden, vielmehr würden temporäre Bauten oder Umbauten bevorzugt. Damit ließ sich sehr gut eine gemeinsame Bewerbung von Hamburg und Berlin für die Olympischen Spiele begründen. Denn Berlin hat, was Hamburg fehlt: ein international anerkanntes Leichtathletikstadion. Gut ein Jahr lang wurde diese gemeinsame Bewerbung hochgehalten, auch mit dem Hinweis, dass sich dadurch ja die Kosten für Hamburg halbieren dürften. Außerdem würde das IOC Bewerbungen von Regionen bzw. zwei Großstädten sehr gut finden. Beides ist hinfällig. Das IOC ist abgerückt von gemeinsamen Bewerbungen mehrerer Großstädte. Und der Berliner Senat ist abgerückt von Hamburg und hat sich Anfang 2025 entschieden, gemeinsam mit Brandenburg und anderen Bundesländern eine Bewerbung einzureichen. Daraufhin hat Hamburg sich für eine eigenständige Bewerbung entschieden, mit Kiel als Austragungsort für Segeln, Handball und Rugby.
Doch zurück zu den »grünen« Spielen. Ist es klimaschonend(er), wenn temporäre Bauten errichtet werden oder temporäre Umbauten erfolgen? Diese Frage wird in den nächsten Monaten beantwortet werden müssen. Das vermutlich größte Projekt eines temporären Umbaus ist für das Volksparkstadion geplant: dort sollen die Schwimmwettkämpfe und das Wasserspringen stattfinden. Die Messehallen würden temporär umgebaut für Badminton, Basketball, Boxen, Fechten, Judo, Ringen, Rhythmische Sportgymnastik, Taekwondo und Tischtennis. Im Millerntorstadion sollen die Hockey-Spiele stattfinden. In den Harburger Bergen wird die Mountain-Bike-Strecke temporär erbaut. Eine Übersicht aller Sportstätten findet sich im Netz.

Das Leichtathletikstadion würde neu gebaut. Damit diese Kosten nicht den Olympischen Spielen zugerechnet werden, hat der Senat sich einen Coup überlegt: Nach den Spielen soll ein Umbau zu einem Fußballstadion für den HSV erfolgen. Denn das Volksparkstadion sei in den 2040er-Jahren sehr stark sanierungsbedürftig, sodass ein Neubau doch besser wäre. Eine Schelmin, die dabei nicht denkt, dass der Senat damit hofft, die Stimmen der HSV-Fans für das Olympia-Referendum zu gewinnen. Egal, wer das Stadion später betreibt, die Baukosten werden nicht vom IOC übernommen, sondern bleiben in Hamburg hängen.
IOC – alles wie gehabt?
Viel war auch zu lesen von einer Neuorganisation des IOC. Doch bis heute gibt es keine Hinweise darauf, dass die Machtspielchen, Vetternwirtschaft und Korruption beendet sind. Auch zu den Olympischen Spielen in Paris 2024 gab es wieder einen Korruptionsverdacht. Auf die Einnahmenseite des IOC sollen die Pariser Spiele im letzten Jahr rund 5 Mrd. US-Dollar gespült haben. Nur ein winziger Bruchteil davon geht an die Athlet*innen, wie das ZDF am 1. August 2024 berichtete.
Das Pariser Sommermärchen 2024 – und die Realität
Schöne Bilder aus Paris 2024 und stimmungsvolle Berichte zeigen nur die eine Seite der Medaille und werden immer wieder als Werbung für Spiele in Hamburg verwendet. Die Vertreibung von zigtausend Obdachlosen, die »Säuberung« der Innenstadt, die extremen Sicherheitsvorkehrungen, die die Anwohner*innen stark beeinträchtigten, wurden und werden nur selten erwähnt.
Eine abschließende Kostenabrechnung für Paris 2024 liegt noch nicht vor. Die bei den Olympischen Spielen seit Jahrzehnten vorgenommene geschickte Aufteilung in zwei unterschiedliche Budgets soll die hohen Kosten für die Austragungsorte und -länder verschleiern. In dem kleineren Budget, in das u.a. die Ticketeinnahmen fließen, stehen unterm Strich oft kleinere Millionenbeträge für die Ausrichter*innen (nicht für das IOC). In dem größeren Budget werden die Infrastrukturkosten zusammengefasst, die zum allergrößten Teil nur von den Ausrichter*innen zu finanzieren sind. Und da geht es dann um Milliardenbeträge zulasten der Städte und Länder. Beim IOC wiederum verbleiben die Einnahmen aus den Werbeverträgen und Fernsehrechte. Da geht es auch um Milliardenbeträge, allerdings als Einnahmen zugunsten des IOC.
2036, 2040 oder 2044 – um welche Spiele geht es?
Die Bewerbung der Stadt Hamburg umfasst drei verschiedene Jahre: 2040, 2044 und – ja, kaum zu glauben – auch das Jahr 2036, einhundert Jahre nach den Nazi-Spielen in Berlin. Es habe wegen 2036 schon Gespräche mit der Jüdischen Gemeinde gegeben und die hätte keine Bedenken gehabt. Allein schon wegen der Rechtsentwicklung in Deutschland und der Vorstellung, dass in elf Jahren die AfD und andere Nazi-Parteien noch weiter wachsen und das 100-jährige Jubiläum auf ihre Weise abfeiern könnten, verbietet sich das Jahr 2036.
Beteiligung der Bevölkerung
Der Hamburger Senat will Ende des Jahres der Bürgerschaft einen Antrag zur Durchführung eines Referendums vorlegen. Diese Abstimmung soll dann Ende Mai 2026 erfolgen (aktuell wird der 31. Mai als Termin genannt). Ich hoffe sehr, dass die Hamburger*innen wieder weise sein werden und mit NEIN stimmen. Schon 2015 haben sie damit Hamburg vor riesigen Schulden bewahrt. Der Entwicklung Hamburgs hat es nicht geschadet. Der SPD-geführte Senat wird ja nicht müde, sich immer wieder selbst zu loben.
Aktuell das stärkste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer, mit Active City als Reaktion auf das verloren gegangene Referendum 2015 sei der Hamburger Sport einen Riesenschritt vorangekommen. Auch der Wohnungsbau ist aus Sicht des Senats seit Jahren ein Erfolg. Dabei war die Senatspolitik gegen die Mietenexplosion bisher alles andere als erfolgreich: allein von 2018 bis 2023 sind die Mieten in Hamburg um 25 Prozent gestiegen. Die Ausrichtung Olympischer Spiele wirkt auf den Mietenmarkt wie ein Booster. In Barcelona und London sind die Mieten während und nach den Olympischen Spielen extrem angestiegen (und unverändert extrem hoch). Nicht auszumalen, wie hoch die Mieten jetzt in Hamburg mit Olympischen Spielen geworden wären.
Deshalb JA zu einer Stadt, die sich alle leisten können und NEIN zu Olympischen Spiele!
Wer sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchte, schaut hier:
▪ https://fairspielen.de/ und www.nolympia-hamburg.de – beide Blogs mit vielen kritischen Informationen zu Olympischen Spielen
▪ https://www.hamburg-activecity.de/olympiabewerbung – die offizielle Seite des Hamburger Senats. ##
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