„Hamburg könnte an den Hamburgern scheitern“

Weltbekannte Hamburger, oft produziert vom größten Olympia-Sponsor

Weltbekannte Hamburger, oft unökologisch und unsozial produziert vom größten Olympia-Sponsor.

So titelt das Handelsblatt und analysiert, wer bisher in der öffentlichen Olympiadebatte hörbar war: „Die größte Tageszeitung ,Hamburger Abendblatt‘ und die Boulevard-Zeitung ,Mopo‘ widmeten der gelungenen ersten Runde fast ausschließlich positive Schlagzeilen und Sonderseiten.“ Politik & Verwaltung und nicht die Bürger/innen sind bisher die Akteure der Pro-Kampagne. So transportierten vor allem die Unternehmen aus dem städtischen Umfeld das Flammen-Logo ins Stadtbild und Teile der Wirtschaft unterstützten die Kampagne personell und finanziell.

Zu nennen ist hier vor allem der Unternehmer Alexander Otto, der von der Stadt als „erster Olympiabotschafter“ geadelt wurde und der sich als Sportmäzen versteht. Vergessen darf man hier nicht, dass Otto der Vorsitzender des ECE-Konzerns ist – ein Immobilienkonzern, der vor allem Städte im Ruhrgebiet mit gesichtslosen Einkaufszentren beglückt hat und sicherlich auch bei dem Megaprojekt Olympia den einen oder anderen Projektzuschlag bekommen möchte.

Als einzige Aktion, die nicht von „privilegierten Unterstützern“ getragen wurde, nennt das Handelsblatt den Fackelzug mit etwa 20.000 Menschen an der Alster. Auch hier die Einschränkung, dass da zwei Unternehmer am Werk sind, die mithilfe von Olympia für ihre Touristenattraktion die Werbetrommel rühren wollen. Die Pro-Olympia-Bewegung ist fragil und die Tatsache, dass bisher keine Fakten zu den Kosten vorliegen, spielt der Gegenseite zu. Die wird in dem Artikel treffender Weise als „kaum organisiert“ charakterisiert, aber mit viel Potential: „Dabei ist Protest, gerade aus dem linken Lager, in Hamburg lautstark, wenn er anläuft. Das erlebte die Stadt erst vor einem Jahr, als die Polizei große Teile der Stadt zu einem ,Gefahrengebiet‘ erklärte, nachdem Proteste eskaliert waren. Solche Bilder schrecken ab – Olympia-Entscheider ebenso wie Normalbürger.“

Der Hamburger Senat hat in den letzten Legislaturperioden einige Erfahrung mit verlorenen Bürgerentscheiden sammeln können, wie bei der Entscheidung zum Rückkauf der Energienetze oder zur Schulreform. Jetzt steht der rot-grüne Senat in spe unter einem enormen zeitlichen Druck, die Olympia-Pläne weiter konkretisieren zu müssen mit all den unangenehmen Fakten und gleichzeitig die Befürworter/innen weiter bei Laune halten. Schließlich sollen diese bei einem anstehenden Referendum zur Wahlurne gebracht werden. Auch da sind die Gegner/innen im Vorteil, weil Empörung über Kosten, Mietexplosionen und Privatisierungen antreibt. Das Rennen um den Volksentscheid ist also noch nicht entschieden und es wird knapp ausfallen, bilanziert zumindest das Handelsblatt. Eine Facebookseite, die gegen den Volksentscheid mobilisiert, gibt es auch schon: Volksentscheid: Ich werde GEGEN die olympischen Spiele in Hamburg stimmen!

Auch die Faz widmet sich den Gegnern und identifiziert sechs Gruppen: Die LINKE, NOlympia, Piraten im Kieler Landtag, der BUND, der NABU und die Gewerkschaften. Eine wichtige Gruppe ist vergessen worden, die vielen Menschen, die derzeit die Olympia-Artikel in den diversen Medien kommentieren und sich dabei äußerst kritisch zeigen.

Marc Widmann stellt in der Zeit sieben olympische Prüfungen vor, die Hamburg noch zu nehmen hat und warnt: „Jetzt mal nicht abheben“. Kurz zusammengefasst sind das diese Prüfungen, kursiv ergänzt von NOlympia.
1. Prüfung – das Bewerbungsdossier bis Januar zusammenstellen;
Hier werden die Grundvoraussetzungen abgefragt, wie Hotelbetten, Stadionkapazität, Verkehrsinfrastruktur. Erst dann darf Hamburg sich „Candidate City“ nennen. Es gibt nicht wenige Grundvoraussetzungen, von denen Hamburg meilenweit entfernt ist, wie die notwendige Anzahl von Hotelbetten oder der Stadionbau.

2. Prüfung – Team aufbauen für den Bewerbungsmarathon;
Hier fehlt es in Hamburg an ExpertInnen und die sind teuer. Erste Stellenausschreibungen laufen schon, die Hamburger Verwaltung wird arg ins Schwitzen kommen.

3. Prüfung – der Bürgerentscheid mit allen rechtlichen Hürden;
Und all der notwendigen Überzeugungsarbeit.

4. Prüfung – Kosten errechnen;
Eine Urforderung von NOLympia!

5. Prüfung – dem IOC widerstehen;
Hier wird es darum gehen, die 7.000 Seiten umfassenden Extrawünsche des IOCs abzuschmettern. In Hamburg gibt es Schnittchen statt Schampus. Ob das die IOC-Mitglieder überzeugt?

6. Prüfung – den Hafen freiräumen;
Wie teuer wird der Umzug? Wie soll das logistisch ablaufen? Ist Wohnen in dem Gebiet überhaupt möglich? Diese und noch weitere Problemfelder, wie wohin werden die Betriebe verlagert, beinhaltet diese Prüfung.

7. Prüfung – die Welt gewinnen;
Damit die Menschen weltweit nicht nur den Cheeseburger mit Hamburg assoziieren, muss auch hier viel getan werden, zumal die internationale Konkurrenz groß ist.

Dies sind, so ZEIT-Autor Widmann, nur die sichtbarsten Prüfungen. Ein Blick auf die Kommentare zu den diversen Artikeln zeigt, dass der Traum von Olympischen Spielen in Hamburg vielleicht schon mit der dritten Prüfung ausgeträumt sein könnte.
Denn Hamburg könnte an den Hamburgern scheitern!

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photo credit: Chucktown Tavern 5451 via photopin (license)

Ein Gedanke zu „„Hamburg könnte an den Hamburgern scheitern“

  1. „Wir sind Feuer und Flamme, weil HAMBURG nur gewinnen kann“, heißt es im Slogan der Olympia-Befürworter. Ich habe mich schon von Anfang angefragt, wer denn hier mit HAMBURG gemeint ist?

    Sprachlich gesehen werden die HAMBURGER gar nicht als Gewinner in Erwägung gezogen.

    Nun ja, warum auch? Die braucht man im Herbst letztendlich nur als wohlwollendes Stimmvolk. Bis dahin aber muß die Bevölkerung bei guter Laune gehalten werden. Vielleicht ja mit Brot und Spielen.

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