Hafenwirtschaft not amused – Handelskammer kriegt Gegenwind

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„Olympia darf nicht schaden“ – so ist ein Interview mit Gunther Bonz, dem Präsident des Unternehmensverbandes Hafenwirtschaft Hamburg, betitelt. Diesem Slogan kann sich (N)Olympia Hamburg nur anschließen: Aufgrund von Olympia dürfen die Mieten nicht steigen, die Spiele müssen klimaneutral sein, also nicht zu weiteren CO2-Emissionen am Hafen und zu Flächenversiegelungen führen, für Olympia darf das Dorf Moorburg nicht geopfert werden, etc. Aber stopp, das meint Herr Bonz gar nicht, wie aufgrund seiner Funktion auch zu erwarten. Ihm geht es lediglich darum, dass die Betriebe, die derzeit auf dem Kleinen Grasbrook angesiedelt sind, im Falle einer Umsiedlung umfassend für alle bisher und in Zukunft getätigten Investitionen entschädigt werden.

Konkret geht es um Folgendes: „Die betroffenen Betriebe müssen jetzt eine rechtsverbindliche Zusage erhalten, dass Investitionen in den nächsten Jahren während der weiteren Planungs- und der Bewerbungsphase vollumfänglich erstattet werden, wenn Hamburg den Zuschlag für Olympia erhält.“ Er fordert für die Unternehmen einen 1:1 Ausgleich und bezweifelt, dass es überhaupt genügend Ausweichflächen gibt. Dann redet er Tacheles und beklagt sich über das unabgesprochene Vorpreschen von Handelskammer und Senat. Der Politik traut er so eine umfassende Baustellenlogistik nicht so richtig zu, denn schließlich müsste – um den Hafenunternehmen nicht zu schaden – alles übers Wasser angeliefert werden: „Die Stadt hat zu spät realisiert, dass für die Olympiabauten und die Zufahrtswege Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden müssen“.

Doch damit nicht genug. Auch der anvisierte Wohnungsbau auf dem Kleinen Grasbrook fällt bei der Hafenwirtschaft auf wenig Gegenliebe, denn dies würde zu Beeinträchtigungen für die benachbarten Betriebe führen, wie zum Beispiel das Einhalten einer Nachtruhe. Schade nur, dass die SPD genau mit diesem Wohnungsbau im Drittelmix den Bürger/innen Olympia im Wahlkampf schmackhaft machen will.

Aber kommen wir zu den Ausgleichsflächen, über die Gunter Bonz ebenfalls etwas zu sagen hat: „Zudem wird erster Widerstand laut, dort wo die Ausgleichsflächen geschaffen werden sollen. Viele Menschen in Moorburg beispielsweise sagen nein zu einer möglichen Olympiabewerbung. Das mag man nachvollziehen können. Dennoch müssen diese Flächen in Anspruch genommen werden.“ So deutlich hat man das in der bisherigen Olympia-Debatte noch nicht gehört: Wenn Olympia kommt und der Kleine Grasbrook geräumt wird, dann geht Moorburg.

Wir hatten hier bereits an anderer Stelle gefragt, ob Olympia Moorburg platt macht. Bisher ist von Seiten der SPD und auch von der neu gekürten olympiabefürwortenden Doppelspitze der Grünen kein Wort zu hören zu Moorburg. Was ist mit Moorburg? Und ist man bei einem nicht unwahrscheinlich erscheinenden rot-grünen Senat gewillt, diesen Blankoscheck an die Hafenwirtschaft zu unterschreiben? Dies fragen sich sicherlich auch nicht wenige Wähler/innen, die im Februar an die Urne gehen.

Auch nennt Bonz öffentlich erste Summen, die allein für die Ausgleichflächen zu zahlen wären: „Es ist aus den damit befassten Dienststellen zu hören, dass die Verlagerung der Flächen zwischen fünf und sieben Milliarden Euro kosten wird“. Das sei realistisch, so Bonz, aber hinzu kämen noch die Kosten für die Erschließung neuer Hafenflächen. Damit ist noch keine einzige Olympiastätte und keine U-Bahn oder Brücke gebaut, was zeigt, dass wir bei den jetzigen Olympiaplänen mitnichten über eine Summe von 6,5 Milliarden Euro Kosten reden, welche die Handelskammer vorrechnet.

Und wenn sich ein möglicher zukünftiger Rot-Grüne-Senat ins olympisches Rennen begeben sollte, verzichten sie dann auf die Handelskammer als politischen Promoter einer Olympia-Bewerbung? Zu Recht betonten die Grünen in der Vergangenheit, dass die Handelskammer in politischen Stellungnahmen das „höchstmögliche Maß an Objektivität“ zu wahren hätte und auch Minderheitenpositionen berücksichtigen müsse. Der Grünen-Politiker Dominik Lorenzen hat aktuell Klage gegen die Handelskammer eingereicht wegen deren Parteinahme gegen den Rückkauf der Energienetze.

Das Welt-Interview mit Gunther Bonz endet nonchalent mit einer knappe Frage und einer knappen Antwort:
Und was passiert, wenn die Stadt die Zusicherung nicht gibt?

Dann kann niemand erwarten, dass die Betriebe die Bewerbung unterstützen.

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