Traum oder Alptraum? Olympia in Hamburg

Next stop Kleiner Grasbrook?

Next stop Kleiner Grasbrook?

„Olympia in Hamburg – nur ein schöner Traum?“, unter diesem Motto diskutierten Sportsenator Michael Neumann (SPD), HSV-Aufsichtsratmitglied Bernd Bönte, die ehemalige Windsurf-Weltmeisterin Andrea Hoeppner sowie die Olympia-Sportler Moritz Fürste (Hockey), Eric Johannesen (Rudern) und Laura Ludwig (Beachvolleyball) auf Einladung der Zeitung „Die Welt“.

Bernd Bönte hat sicherlich die interessanteste Antwort in dem sonst eher vor sich hinplätschernden Interview gegeben. Nachdem Bönte die Frage, ob denn der Sport insgesamt politischer werden müsse, bejahrt hatte, ergänzte er: „Zumindest aber muss man den Menschen die Angst vor dem Moloch IOC nehmen, davor, dass Sponsoren über der Stadt kreisen wie die Aasgeier und dass Probleme zwischen Regierung und Menschen für vier Wochen einfach ausgeblendet werden.“ (N)Olympia Hamburg nimmt das zum Anlass, um sich den „Moloch IOC“ mal genauer anzusehen und Hamburgs Pläne für Olympia 2024/2028 (soweit aus der Presse bekannt) vorzustellen.

Für die Olympischen Spiele werden 35 SPORTSTÄTTEN benötigt, angeblich gäbe es in Hamburg bereits 31, die aber zum größten Teil noch auf olympischen Standard gebracht werden müssten, was in vielen Fällen einem Neubau gleichkommt; Die meisten der benötigten 30 TRAININGSSTÄTTEN sind noch nicht vorhanden und müssten – da das Konzept kurze Wege vorsieht – innenstadtnah geschaffen werden.

Olympisches Herzstück soll der Kleine Grasbrook werden, auf dem das OLYMPIAGELÄNDE komplett neu entstehen würde. Die Binneninsel umfasst 4,5 km2. Derzeit wohnen 1221 Einwohner/innen auf dem städtischen Gebiet, der Großteil ist Hafengelände, das an die Hamburger Port Authority (HPA) verpachtet ist. Die HPA hat bereits signalisiert, für Olympia (und nur für Olympia) das Gelände verlassen zu wollen. So würden – bei einem Zuschlag für Hamburg – das dort ansässige Fruchtterminal und die Autoverladestelle in den westlichen Hafen verlagert. Hier wäre sicherlich interessant, was danach mit dem frei werdenden Gebiet passieren wird und ob es in öffentlicher Hand bliebe. Bis auf ein paar Ausnahmen sollen die meisten OLYMPISCHEN STÄTTEN in einem Radius von 15 km um den Grasbrook herum angesiedelt werden.

Auf dem OLYMPIA-GELÄNDE würde u.a. Folgendes gebaut werden:

* mit das teuerste Gebäude: das OLYMPIA-STADION, das Minimum 300 Millionen Euro kostet, das in Sydney aber auch schon mal eine Milliarde verschlungen hat. Es soll in Hamburg Platz für 70.000 Besucher/innen haben und ist Ort der Eröffnungs- und Abschiedsfeier.
Danach will man das Stadion auf 20.000 Plätze rückbauen, der Mantelbau soll Büros beherbergen;

* der OLYMPIA-DOME ist eine Mehrzweckhalle mit 25.000 Plätzen, die danach ein Kreuzfahrtterminal werden könnte;

* auch enorm teuer ist das olympische SCHWIMMSTADION, das sich auf der derzeitig verfügbaren Infografik nicht finden lässt, das aber auch auf dem Kleinen Grasbrook Platz finden soll. Es müsste nach IOC-Norm 10.000 Zuschauerplätze umfassen. In Tokio 2020 geht man derzeit von Kosten von 300 Millionen Euro aus. Nach den Spielen soll das SCHWIMMSTADION die Alsterschwimmhalle ersetzen, die 2024 dann in die Jahre gekommen wäre;

* das OLYMPISCHE DORF soll ebenfalls auf dem Grasbrook errichtet werden. Hier würden über 10.000 Sportler/innen schlafen und nach den Spielen entstünden bis zu 3.000 Wohnungen im üblichen SPD-Drittelmix aus Eigentum, Sozialwohnungen und freie Mitwohnungen;

* angrenzend könnten auf bis zu 10 KREUZFAHRTSCHIFFEN Funktionäre, Sportlerfamilien und Journalist/innen übernachten, um einen Teil des IOC-Übernachtungsbedarf von 42.000 Zimmern in der 3-5 Sterne-Kategorie abzudecken;

* für Wilhelmsburg ist ein „zweites Olympisches Dorf“ vorgesehen, in dem Familien und Freunde der Sportler/innen unterkommen sollen. Hier sieht das IOC Hotels in der Kategorie 3-5 Sterne vor, die es in Wilhelmsburg wohl kaum in der benötigten Anzahl geben wird;

* Zwischen den Elbbrücken sollen Hochhäuser gebaut werden, die das MEDIENZENTRUM für die rund 16.000 Journalist/innen bilden werden;

Mitten in der Stadt sieht sich die Olympiade der „Kurzen Wege“:
* Radrennen und Triathlon wären quer durch die Stadt unterwegs;

* in den Messehallen sollen Ballsport, Turnen und Fechten stattfinden;

* am Rothenbaum gibt es Tennis, eine der wenigen Anlagen die bereits jetzt so gut wie olympiareif ist;

* im Stadtpark soll der Moderne Fünfkampf zu sehen sein;

* St. Pauli macht Platz für Olympischen Fußball (ebenso der HSV);

* Stellingen liefert – so die Pläne – das olympische VELODROME an der Hagenbeckstraße;

* Großflottbek ist für das Springreiten vorgesehen;

* Das Public Viewing soll auf dem Heiligengeistfeld/St. Pauli stattfinden. Für etwa 100.000 Zuschauende würden auf bis zu fünf Leinwänden verschiedene Disziplinen parallel gezeigt werden.

Außerhalb wären u.a.:
* Wolfsburg/Rostock für Fußball;

* Kiel/Lübeck für Segeln;

* Kiel/Flensburg für Handball;

* Bremen/ Hannover für Basketball & Volleyball;

Erste Informationen zur Verkehrsinfrastruktur lassen sich rekonstruieren.
* Die Sportler/innen und Funktionäre würden am „Athleten Airport“ (BILD) exklusiv bei Airbus in Finkenwerder landen und von dort mit Schiffen ins OLYMPISCHE DORF gebracht werden;

* Es soll eine S-Bahnstation Elbbrücken entstehen, sowie eine U4-Station Kleiner Grasbrook, in der Taz war zudem die Rede von einem Fernbahnhof auf der Elbinsel. Zudem ist ein Brückenschlag vom Kleinen Grasbrook nach Wilhelmsburg anvisiert; Erinnert sei an die Kosten der U4-Verlängerung in die Hafencity von 330 Millionen Euro;

* das IOC sieht besondere Express-Transportwege für Sportler/innen vor, damit diese nicht im Stau stehen. In London gab es in der Innenstadt 50 Kilometer „Game lanes“, in der letzten Bewerbung Hamburgs für die Spiele 2012 hießen diese Olympia-Spuren, die zwischen den Sportstätten und Traninigsorten frei gemacht werden müssten; Das alte Konzept sah hier 600 Busse und 1.500 PKWs vor, die den IOC-Transport durchführen;

* Die lang geplante und ebenfalls nicht günstige Hafenquerspange soll der Entlastung für Hamburgs Süden dienen;

Dies sind erste Informationen, die wir hier nach bestem Wissen und Gewissen zur Verfügung stellen. Deutlich wird, wie groß und umfangreich die Maßnahmen wären, die im Zuge der Austragung der Olympischen Sommerspiele auf Hamburg zukämen. Im Sinne der Transparenz wird diese Liste weiter ergänzt und korrigiert, falls notwendig. (N)Olympia Hamburg freut sich jedenfalls über Hinweise aus besser unterrichteten Quellen.

2 Gedanken zu „Traum oder Alptraum? Olympia in Hamburg

  1. Pingback: NOlympia-Presseschau für August 2014 » Nolympia

  2. Vom Wunschtraum zum Alptraum, das hatten wir auch schon, ist immer wieder richtig!

    nolympia-berlin hat nicht nur auf nolympia.de verlinkt sondern auch nach graubünden: olympia-nein.ch

    gerne könnt ihr auch auf uns verlinken, wir haben auch auf nolympia-hamburg verlinkt!

    viel erfolg im widerstand wünscht der leiter des komitees olympiakritisches graubünden, der schon mit nolympia-münchen zusammengearbeitet hat…

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