13 Fragen zur (N)Olympia-Bewerbung – an den Hamburger Senat und den DOSB

Braucht Hamburg Olympische Spiele? Zu welchem Preis? Mit welchen Zielen? Und für wen? Wir machen uns Sorgen, wenn Handelskammer, Senat und einige Bürgerschaftsfraktionen von „Jahrhundert-Chancen“ für Hamburg sprechen. Auf einem ersten Ratschlag haben wir uns über Hamburgs Olympia-Bewerbung ausgetauscht. Wir? – das sind aktive Menschen, die sich in Sachen Umwelt- und Verkehrspolitik, Stadtentwicklung, Mieterinteressen, Kultur in dieser Stadt einmischen; Als Mitglieder von Stadt- und Kulturinitiativen, Parteien, Gewerkschaften, als kritische Zeitgeister, Selbstständige und Unternehmer/innen stehen wir für mehr demokratische Teilhabe, für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr Umweltschutz. Dieser Kreis ist (noch) kein Bündnis, aber uns verbinden Erfahrungen, die uns gemeinsam dazu bringen, Fragen an den Hamburger Senat und den Deutschen Olympischen Sport Bund (DOSB) zu stellen. Wir fordern nicht nur Transparenz. Wir erwarten echte Mitsprache! Wer die Fragen unterstützen will, kann dies am Ende des Textes unten tun. Hier sind unsere Fragen.

13 Fragen zur (N)Olympia-Bewerbung Hamburg
An den Hamburger Senat und den DOSB

Auf Initiative vor allem der Handelskammer wird in Hamburg über eine Bewerbung zu Olympischen Sommerspielen diskutiert. Der Hamburger Senat ist dabei, 13 Fragen des Deutschen Olympischen Sport Bundes (DOSB) zu beantworten, um sich für die Austragung solcher Spiele zu bewerben. Im Dezember entscheidet der DOSB, ob und mit welcher bundesdeutschen Stadt er eine Bewerbung für die Austragung olympischer Spiele auf den Weg bringen will.

Betont wird von nahezu allen Verantwortlichen, dass eine Bewerbung für die Austragung olympischer und paralympischer Spiele nicht ohne die Zustimmung der Bevölkerung erfolgen soll. Eine Befragung der Hamburger/innen soll jedoch frühestens im Mai 2015 stattfinden – dafür müssten noch die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden. In einer repräsentativen Umfrage haben jüngst über 70 Prozent der Hamburger/innen trotz einer großen sportlichen Sympathie für Olympia vor allem ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die Durchführung von Sommerspielen für Hamburg „zu teuer“ werden könnte und dass das Geld dann anderer Stelle fehle.

Diese und viele andere Sorgen in Bezug auf Olympia in Hamburg bewegen auch uns. Auf einem ersten (N)Olympia-Ratschlag haben wir – das heißt zahlreiche Stadtaktivist/innen, linke Gruppen, Kultureinrichtungen, Vertreter/innen von Umweltverbänden, Linkspartei & Grünen bis hin zu Sozialdemokraten und “rebellischen” Unternehmern – uns über eine mögliche Olympia-Bewerbung Hamburgs ausgetauscht. Gemeinsam stehen wir der bisherigen Olympia-Kampagne entweder kritisch oder ablehnend gegenüber.

Für uns ist klar: Eine Bewerbung Hamburgs für die Austragung der Olympischen Spiele 2024, 2028 oder 2032 ist ohne eine grundlegende Reform des Internationalen Olympischen Komitee nicht denkbar. Das IOC kommerzialisiert die Olympische Idee und lässt den konkurrierenden Bewerberstädten kaum Gestaltungsfreiheit bei der Planung und Umsetzung der olympischen Infrastruktur. Mit den folgenden Fragen wollen wir uns einmischen.

DREI & ZEHN FRAGEN

Neben konkreten Fragen zu einer Hamburger Bewerbung stellt sich zuallererst die Frage nach dem „Partner“ Olympischer Spiele, dem Internationalen Olympischen Komitee:

1. Mit welchen IOC-Reformen möchte das IOC die Bürger/innen Hamburgs für sich gewinnen? Wäre das IOC bereit, sich einem halbjährlichen Audit der Organisation „Transparency International“ zu unterziehen?

2. Wird der Senat und der DOSB sicherstellen, dass es transparente Vertragsverhandlungen zwischen dem IOC und der FHH insbesondere beim „Host City Vertrag“ geben wird?

3. Ist der Senat bereit, das ggf. von den Bürger/innen beschlossene nachhaltige und sozialverträgliche Bewerbungskonzept zur unabdingbaren Voraussetzung mit Ausstiegsklausel zu machen?

Mit Blick auf eine Bewerbung der Hansestadt stellen sich darüber hinaus für viele Hamburgerinnen und Hamburger viele weitere Fragen. Unsere sind zunächst:

1. Wie wird die Austragung der Olympischen Spiele ohne Sozialabbau, ohne weitere Schulden und ohne Privatisierung öffentlichen Eigentums (vor allem Liegenschaften und Gebäude) finanziert? Zu welchem Zeitpunkt wird der Senat ein verlässliches Finanzkonzept mit verbindlichen Zusagen von IOC und Bund sowie einer Risikoanalyse vorlegen?

2. Offiziell werden derzeit für die Bewerbung und die Erarbeitung der Planungsgrundlagen Kosten zwischen 50 und 100 Millionen Euro genannt. Auf welcher Grundlage kommen diese Schätzungen zustande und können noch höhere Kosten ausgeschlossen werden? Und vor allem: Wer trägt diese Kosten?

3. Die Ausrichtung der Olympischen Spiele in London ist um das 3,7 fache teurer geworden als die ursprüngliche Kostenschätzung von 3,06 Mrd. € behauptet hatte. Wir Hamburger/innen wissen: Für die Elbphilharmonie werden am Ende mehr als das Vierfache der ursprünglichen Kostenschätzung zu zahlen sein: Warum sollen wir glauben, dass Hamburg bei der Ausrichtung Olympischer Spiele eine ähnliche nachträgliche Kostenexplosion erspart bleibt?

4. Schon heute ist der Zustand vieler Sportstätten für den Breitensport in der Kritik. Wie soll vermieden werden, dass für Olympia Finanzmittel aus dem ohnehin schlecht finanzierten Hamburger Breitensport abgezogen werden und wie kommt die Nachnutzung der Olympischen Groß-Sportstätten dem Breitensport zugute?

5. Für die Unterbringung während der Olympischen Spiele werden große Wohnanlangen errichtet. Wie stellt der Senat sicher, dass alle Olympiaunterkünfte hinterher ausschließlich das Angebot an bezahlbarem Wohnraum erhöht?

6. Wird ein gesetzlich verankerter Ausschluss einer Privatisierung der für die Olympischen Spiele vorgesehenen öffentlichen Flächen (z.B. auf dem Kleinen Grasbrook) angestrebt?

7. Ein Schwerpunkt der Vorbereitung und Durchführung Olympischer Spiele wird der Hamburger Hafen sein. Schon heute ist der Hafen nicht nur bei den Luftbelastungen ein Umweltproblem. Was soll unternommen werden, um Olympia-Gäste und Hamburger/innen vor den Abgasen aus dem Hafenverkehr zu schützen? Wie kann sichergestellt werden, dass die vielen zusätzlichen Bauvorhaben das Grün in der Stadt nicht weiter dezimieren und dass die enormen Luft- und Umweltbelastungen reduziert werden?

8. Wie wird insgesamt die Klimaneutralität der Spiele gewährleistet?

9. Mit welchen Sicherheits- und sog. Anti-Terror-Maßnahmen ist im Vorfeld und während der Durchführung der Olympischen Spiele zu rechnen und wie soll die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Hamburger/innen gewährleistet werden? Die negativen Erfahrungen mit den Gefahrengebieten Anfang 2014 stecken vielen noch in den Knochen.

10. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund privater Wirtschaftsinteressen die Hamburger Olympia-Bewerbung mit einer massiven Kampagne befördert wird. Wie wird gewährleistet, dass bei einem anstehenden Referendum Gegner/innen und Befürworter/innen der Spiele die gleichen Möglichkeiten bekommen, ihre Positionen in der Öffentlichkeit darzustellen?

Erstunterzeichnende:

  • Dieter Wegner, verdi-mitglied, jour fixe Gewerkschaftslinke Hamburg
  • Dirk Seifert, umweltFAIRaendern.de,
  • Gregor Hackmack, Mitglied des Plenums der Handelskammer Hamburg
  • Harald Singler, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Sport DIE LINKE
  • Jakob Hartmann, Vorstand Sozialgenossenschaft St. Pauli Nord & rundrum
  • Madeleine Does, Referentin für Soziale Bewegungen im AStA der HAW
  • Marc Meyer, Rechtsanwalt, Jurist bei Mieter helfen Mietern
  • Matthias Ederhof, Mitglied im Plenum der Handelskammer Hamburg
  • Maximilian Bierbaum, GRÜNE JUGEND Hamburg
  • Michael Joho, 1. Vorsitzender des Einwohnervereins St. Georg von 1987 e.V.
  • Monika Lege, Verkehrsreferentin ROBIN WOOD
  • Naciye Demirbilek, Werkstatt 3
  • Nicole Vrenegor, aktiv bei Recht auf Stadt Hamburg
  • Özgür Yildiz, DGB-Jugend Bergedorf, Die Linke
  • Rolf Weilert, Mietshäuser Syndikat Hamburg
  • Thomas Schönberger, Haus am Schüberg, Bildungszentrum für Nachhaltigkeit
  • Avanti Hamburg – Organisiert in der Interventionistischen Linken
  • BUKO Arbeitsschwerpunkt StadtRaum Hamburg
  • DIDF-Hamburg

Wenn sie diese Initiative und die Fragen unterstützen wollen, können sie hier online unterschreiben.

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  • Kontakt: Dirk Seifert, 0151-40095722, Nicole Vrenegor, kontakt@nolympia-hamburg.de

4 Gedanken zu „13 Fragen zur (N)Olympia-Bewerbung – an den Hamburger Senat und den DOSB

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  3. erst einmal soll die Philharmonie bezahlt werden und endlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
    Dann muss die Politik dafür Sorge tragen das die zuständigen Behörden mit richtigen Wirtschaft Profis ausgestattet werden und dann muss es einen belastbaren und überprüfbaren Business Plan geben mit allen Konsequenzen bei Verstoß von Vertragsvereinbarungen.
    Die politische Haltung Last uns erstmal beginnen alles andere regelt sich und wenns erstmal steht fragt keiner mehr wie es zustande gekommen ist, ist unerträglich!!!

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